Zum Erfolg von Eva Maria Burian-Braunstorfer
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Erfolg bedeutet für mich, eine sinnstiftende Tätigkeit auszuüben. Ich sehe mich als eine Art Steuermann, der sein Schiff gerne in unbekannte Gewässer führt. Ich schätze neue Herausforderungen sehr - ich muß zwar nicht unbedingt kopfüber ins kalte Wasser springen, doch bin ich neugierig und interessiere mich für die Hintergründe. Auch Kreativität spielt eine große Rolle für mich, so wollte ich als Kind immer schon einen kreativen Beruf ergreifen, doch vor dem Hintergrund meiner kaufmännisch orientierten Familie absolvierte ich dann doch die Handelsakademie. In meiner Familie waren es immer die Frauen, die etwas in Bewegung setzten - was wohl auch auf die Geschichte zurückzuführen ist: Viele männliche Familienmitglieder und damit auch die Hoffnungsträger der Familie sind im Krieg gefallen, und so waren die Frauen gefordert, sich den Herausforderungen zu stellen.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Ich bin mit dem, was ich erreicht habe, nie zufrieden. Ich habe immer einen Schritt nach dem anderen gemacht, von denen nicht immer jeder geplant war, und um viele Dinge mußte ich auch kämpfen.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Fachliche Kompetenz, Neugierde, Freude an meiner Tätigkeit, die Bereitschaft, etwas Neues auf die Beine zu stellen, und meine ausgeprägte Kommunikationsbereitschaft sind wichtige Faktoren meines Erfolges.
Wie begegnen Sie Herausforderungen des beruflichen Alltags?
Erfahrungen von Mitarbeitern und Kunden und deren Feedback mir sehr wichtig. Ich treffe gerne Entscheidungen, die nach eingehenden Informationen auf solider Basis beruhen sollten. Notwendige rasche Entscheidungen können damit auch sicher getroffen werden. Routineaufgaben werden delegiert, um mich zu entlasten.
Ist es für Sie als Frau in der Wirtschaft schwieriger, erfolgreich zu sein?
Als das Unternehmen auf die Größe von etwa sieben Mitarbeiter anwuchs, war man der Ansicht, daß es jetzt Zeit für einen männlichen Geschäftsführer wäre, und hier mußte ich mich doch sehr durchsetzen, um mein Recht geltend zu machen. Benachteiligung von Frauen gehörte zu meinen Erfahrungen; allerdings muß ich auch feststellen, daß ich die Unterstützung von männlichen Kollegen und Vorgesetzten hatte, die diese Vorgehensweise damals schon störte. Auf der anderen Seite trug alleine die Anwesenheit einer Frau dazu bei, angespannte Situationen zu entschärfen und zu beruhigen, da Männer in Gegenwart einer Frau nicht gerne die Beherrschung verlieren. Als Frau hatte ich in der Wirtschaft immer eine gute Eintrittskarte, sei es weil man neugierig auf eine neue Sichtweise war, die auch manchmal aus den eigenen eingefahrenen Denkschemata herausführte, oder einfach eine willkommene Abwechslung erfahren konnte - auch die Kavalierseite mancher Männer Konnte dadurch aktiviert werden - zum Erfolg und Vorteil aller Beteiligten. Frauen sollen Frauen bleiben dürfen und nicht versuchen, die besseren Männer zu sein. Wichtig ist einfach, seinen eigenen Weg zu gehen.
Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat?
Marion Gräfin Dönhoff, eine der bedeutendsten deutschen Journalistinnen, hat mich mit ihrem Sprachgefühl, ihrer Lebensgeschichte, ihrer Diskretion im Privaten und ihrer Förderung von Frauen sehr beeindruckt. In meiner Umgebung habe ich leider selbst gemerkt, daß viele Frauen gar nicht gefördert werden wollen, sondern sich vor allem in den letzten Jahren wieder dem traditionellen Frauenbild zugewandt haben. Ich glaube manchmal, daß die Frauen meiner Großmuttergeneration moderner und fortschrittlicher waren als die heutige Generation, da sie damals noch um etwas kämpfen mußten, z.B. um das Wahlrecht. Unabhängigkeit und Eigenständigkeit sind mir sehr wichtig: Freiheit der Entscheidung, des Denkens, des Tuns. Oft suche ich nach Modellen für Frauen in Führungsrollen und komme Immer wieder auf Maria Theresia, die mir dadurch bemerkenswert erscheint, als sie es verstand, die besten Köpfe ihrer Zeit für ihr Haus und ihr Land einzusetzen. Positive Eigenschaften zu stärken ist für mich immer effizienter als Schwächen auszugleichen. Um die besten Mitarbeiter, die ich bekommen kann, in das Unternehmen zu holen, ist es mein Ziel, zu einem attraktiven und interessanten Arbeitgeber zu werden.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Ich habe den Eindruck, daß meine Kunden mir sehr viel Kompetenz zuschreiben - oft werde ich auch bei Dingen um Rat gefragt, die gar nicht zu meinem Fachgebiet gehören. Es ist ein schönes Gefühl, um Rat gefragt zu werden, da es mich in meinem Tun bestätigt. Ich übe mich allerdings auch oft in Selbstkritik und überlege, wo ich etwas verbessern könnte.
Nach welchen Kriterien wählen Sie Mitarbeiter aus?
Die fachliche Komponente vorausgesetzt, zählt für mich vor allem Kommunikationsfähigkeit. Wesentlich ist dabei, daß der Bewerber nicht nur plaudert, sondern es versteht, Inhalte zu vermitteln. Sehr gute Englischkenntnisse - Englisch ist unsere Geschäftssprache - sowie Kenntnisse in Logistik und Betriebswirtschaft, technisches Verständnis und gutes Auftreten sind ebenfalls unabdingbar. Ich frage bei Einstellungsgesprächen auch nach privaten Interessen und dem familiären Hintergrund, weil das einiges über den Bewerber aussagt. Die familiäre Prägung hat meines Erachtens einen lebenslangen Einfluß.
Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?
Ich behaupte, daß jeder Mitarbeiter großes Potential hat, von dem nur die Spitze des Eisberges sichtbar ist. Der Unternehmer im Unternehmen ist eine Vorstellung, in der sich ein Mitarbeiter entfalten kann - Fehlertoleranz der Geschäftsleitung ist eine der Voraussetzungen. Meine Mitarbeiter sind gefordert, einmal im Jahr eine Fortbildung zu besuchen. Ich lege großen Wert auf ein gutes Arbeitsklima, das sich vor allem auf Respekt und der Achtung vor dem Nächsten gründet; es gibt gemeinsame Aktivitäten, aber natürlich sind auch Anerkennung und finanzielle Motivation wesentlich.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Organisationkünstler muß man schon sein - Kreativität und Flexibilität sind bei der Planung und Änderungen von diesen sehr hilfreich; Qualität, wie ich Zeit nutze - ob mit Freunden und Familie oder Kunden und Mitarbeitern, geht vor Quantität - Mein Beruf erfordert auch durch Abendtermine und Dienstreisen großen Einsatz, doch ich übe ihn sehr gerne aus. In der Natur, in der Familie und bei der Gartenarbeit tanke ich wieder auf.
Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben?
Sprachenkenntnisse werden immer wichtiger. Dieser Anforderung sollte man daher relativ frühzeitig Rechnung tragen. Ebenso gilt es, mit Neugierde und Mut an Neues heranzugehen, sich aber auch manchmal ein wenig zurücknehmen, um sich Situationen aus der Distanz anzusehen - von seiner Sache überzeugen und sich dabei nicht immer zu wichtig nehmen (eher biegen als brechen) Humor und Höflichkeit, Anerkennung der Leistungen der anderen hilft immer beim Einstieg in ein Gespräch. Großspurigkeit steht Frauen überhaupt nicht gut - also nie etwas versprechen, das man nicht halten kann.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Wichtige Unternehmensziele sind, die Marktposition zu stärken, unsere Tätigkeit einer breiteren Öffentlichkeit bekannter zu machen und damit auch in neue Sektoren vorzudringen, wie Lebensmittel- und Patientensicherheit, Abfallentsorgung, öffentliche Beschaffung etc. Auch meine Nachfolger werden noch viel zu tun haben. Die Entwicklung in den osteuropäischen Ländern sind eine Chance für das Unternehmen, neue Kunden und Märkte zu gewinnen. Meine nächsten Pläne sind die Sicherung des Unternehmens und seiner Arbeitsplätze und Ausweitung der Dienstleistungen für eine nahtlos automatisierte Supply Chain für Produkte und Daten.