Zur Karriere von Helmut J. Drobir
Welche waren die wesentlichen Stationen Ihrer Karriere?
Mein Vater war Berufsoffizier, der erst 1948 aus der russischen Kriegsgefangenschaft heimkehrte und bis zur Wiederaufstellung des österreichischen Bundesheeres als Beamter in der Verwaltung tätig war. Meine Mutter widmete sich dem Haushalt, und ich hatte ihre volle Zuneigung. Sie legte großen Wert darauf, dass ich als Einzelkind immer gleichaltrige Spielkameraden und Freunde hatte. Ich wurde Mitglied der katholischen Jugend, was sich sehr positiv auf meine persönliche Entwicklung auswirkte. Prägend war für mich auch unser Familienleben, weil ich wußte, dass man sich im Notfall immer aufeinander verlassen konnte. Ein solcher Zusammenhalt, der das Gefühl der Geborgenheit vermittelt, wird von mir in meiner eigenen Familie weitergepflegt. Der Besuch der Volksschule fiel in die Zeit des zweiten Weltkrieges. Bedingt durch den Krieg war meine Volksschulbildung sehr mangelhaft und ich verdanke es nur dem Lehrer in der 4. Volksschulklasse, dass ich damals die Aufnahmsprüfung in das Gymnasium schaffte. Die Zeiten waren schwer und wir hatten in den ersten Jahren nach dem Krieg nicht genug zu essen. Nur die sogenannten Ausspeisungen, die von ausländischen Hilfsorganisationen organisiert und als Mittagessen ausgegeben wurden, haben uns vor dem Hunger bewahrt. Trotz vieler negativer, durch den Krieg und die Nachkriegszeit bedingter Erlebnisse, verlebte ich eine glückliche Kindheit. Sehr früh hatte ich den Berufswunsch einmal Ingenieur zu werden. Die Frage war nur, ob Bau- oder Maschinenbauingenieur? Um das zu entscheiden, arbeitete ich in den Sommerferien zwischen der 6. Und 7. Klasse bzw. zwischen der 7. Und 8. Klasse einmal auf einer Baustelle und einmal in einer Maschinenfabrik als jugendlicher Hilfsarbeiter. Die Entscheidung fiel zugunsten des Bauwesens und ich inskribierte nach der Matura Bauingenieurwesen an der Technischen Hochschule in Graz. Im ersten Studienjahr wurde ich Mitglied der Katholischen Hochschulverbindung Carolina, einer CV- Verbindung, bei der schon mehrere meiner Freunde Mitglied waren. Das Studium verlief problemlos und jeden Sommer jobbte ich, um mein knappes Taschengeld aufzubessern, in den verschiedensten Berufen. Ich war Packer in einem großen Versandhaus, angelernter Maler und Anstreicher, angelernter Maurer, Bautechniker, Hilfszimmermann und Kaffeekoch auf Messen bzw. in Kaffeehäusern. Als Vertiefungsfächer hatte ich im Studium die Baustatik und den Stahlbau gewählt, wobei der Stahlbau als besonders schwieriges Fach galt und für mich eine Herausforderung darstellte. Mein Stahlbauprofessor stellte mich knapp vor Studienabschluss einem der Direktoren der VÖEST vor, wo man dringend Ingenieure suchte. Und so startete ich mein Berufsleben als Statiker im Stahlwasserbau der VÖEST, in einem mir noch unbekannten Bereich, der mich von Anfang an faszinierte. Als ganz junger Ingenieur hatte ich die Möglichkeit an großen Wasserkraftprojekten im Ausland mitzuarbeiten. Der nächste Schritt sollte mich nach Indien bringen, aber diese Projekte wurde wegen des Kaschmir- Konfliktes zwischen Indien und Pakistan nicht verwirklicht. Bereit die VÖEST zu verlassen, bewarb ich mich um eine Assistentenstelle am Institut für Konstruktiven Wasserbau der TU Graz und wurde Hochschulassistent. Nach Abschluss meiner Doktorarbeit und Promotion zum Doktor der technischen Wissenschaften entschied ich mich für eine Tätigkeit in der E- Wirtschaft. Ich zog, bestärkt durch meinen Vater, der stets begeistert von Land und Leuten sprach, nach Innsbruck und begann jetzt auf Empfehlung meines Wasserbauprofessors und Doktorvaters bei der Tiroler Wasserkraftwerke AG (TIWAG) als Wasserbauingenieur zu arbeiten. Mein Professor kannte einen der Technischen Direktoren, der als renommierter Kraftwerksbauer international bekannt war. Einer der Gründe war auch, daß ich während meiner Assistentenzeit viele Tiroler Studenten kennen lernte. Ich verstand mich gut mir ihnen und einige waren meine Freunde geworden. Gleich zu Anfang stellte sich heraus, dass meine Entscheidung richtig war- ich fühlte mich vom ersten Tag an wohl. Ich durfte an der Planung und beim Bau großer Wasserkraftanlagen in Tirol in verantwortlicher Position mitarbeiten und war im Auftrage meiner Firma auch als Berater von Ingenieurbüros oder anderer Kraftwerksgesellschaften bei Projekten im In- und Ausland mit eingebunden. Um über dabei entwickelte, interessante technische Lösungen zu berichten, erhielt man sehr oft eine Einladung als Vortragender bei Tagungen und internationalen Kongressen mitzuwirken. Von technischen Universitäten war ich auch mehrmals eingeladen worden, mich um einen der freiwerdenden Wasserbaulehrstühle zu bewerben. Aus den drei Möglichkeiten in Österreich- Graz, Innsbruck, Wien- ist es Wien geworden. Man bot mir nicht nur den gut eingerichteten Lehrstuhl, sondern auch den Bau eines neuen Wasserbaulabors und eine entsprechende Geräteausstattung des Institutes an. Das war verlockend und da in der Bauingenieurfakultät der TU Wien offensichtlich ein ausgezeichnetes Arbeitsklima herrschte, trennte ich mich nach 22 Jahren erfolgreicher Tätigkeit von meinem Arbeitgeber. Damit eröffnete ich ein neues Kapitel in meinem Leben.