Zum Erfolg von Aynur Özcan
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Dazu gehört finanzieller Erfolg, aber auch die Tatsache, daß man respektiert und geachtet wird. Da ich jünger wirke, als ich bin, war es zu Beginn meiner Tätigkeit als Rechtsanwältin oft so, daß Richter und Mandanten die Tatsache, daß ich Rechtsanwältin war, mit großem Erstaunen zur Kenntnis nahmen. Vielleicht unterschätzte man mich deshalb auch oftmals. Ich sehe es schon als persönlichen Erfolg, daß inzwischen auch ältere Männer, gerade auch Türken, die doch sehr patriarchalisch geprägt sind, meine Dienste in Anspruch nehmen. Sie vertrauen mir und sehen mich nicht in erster Linie als Frau, sondern als Person, bei der sie Hilfe suchen und finden können. Ich bin auch zufrieden, daß mich bei Gericht ältere Kollegen, die mir früher eher etwas abschätzig begegnet sind, nun als gleichwertige Gegnerin betrachten.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Ja. Erfolg ist bei Anwälten auch an der Zahl der gewonnenen Fälle meßbar. Ich bin stolz darauf, daß ich dabei nicht schlecht abschneide.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Ich denke, daß ich kein typischer Aktenreiter bin, denn für mich erschöpft sich der Anwaltsberuf nicht im Aktenstudium, im Beherrschen zahlreicher Theorien oder in der Fähigkeit, seitenlange Schriftsätze zu verfassen. Man muß geschickt im Umgang mit Menschen sein, über eine sehr rasche Auffassungsgabe verfügen und schnell arbeiten können. Man muß auch die Fäden in der Hand haben und Kollegen und Richtern einen sympathischen Eindruck vermitteln können. Auch meine gute Menschenkenntnis hat sicher zu meinem Erfolg beigetragen.
Ist es für Sie als Frau in der Wirtschaft schwieriger, erfolgreich zu sein?
Ich denke schon, daß Frauen generell einen schwereren Start haben. Das liegt vielleicht nicht nur am Umfeld, sondern auch an den Frauen selbst, weil sie sich manchmal nicht genug zutrauen. Oft treten sie auch weniger forsch auf als Männer. Wenn sich ein Mann und eine Frau mit gleicher Qualifikation um eine Stelle bewerben, bin ich sicher, daß der Mann den Vorzug erhält.
Ab wann empfanden Sie sich als erfolgreich?
Ich merke seit zwei Jahren, daß ich Erfolg habe. Ungefähr zu dieser Zeit war meine Kanzlei etabliert und profitierte von der Mundpropaganda. Anwälten ist ja Werbung verboten.
In welcher Situation haben Sie erfolgreich entschieden?
Die beste Entscheidung war, mich selbständig zu machen. Nach meiner Ausbildung arbeitete ich zunächst für ein sehr geringes Gehalt in einer Anwaltskanzlei. Allerdings sah ich diese Zeit eher noch als Ausbildungszeit und fand mich deshalb mit dem niedrigen Lohn ab.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Ich erhalte Anerkennung von meinen Klienten. Ich finde es immer wieder rührend, wenn mir Klienten Geschenke aus dem Urlaub mitbringen. Eine Anerkennung ist auch der Stolz meiner Eltern auf meinen Erfolg.
Wie werden Sie von Ihrem Umfeld gesehen?
Als dominante Karrierefrau, die forsch und manchmal arrogant auftritt. Die Leute, die mich kennen, wissen allerdings, daß das nicht wirklich so ist. Meine Mitarbeiter respektieren mich als Chefin, die Fehler deutlich anspricht, sich aber auch harmonisch in ein Team einfügt. Wir duzen uns, lachen viel zusammen und gehen von Zeit zu Zeit auch gemeinsam etwas trinken.
Welche sind die Stärken Ihres Unternehmens?
Mannheim ist eine Stadt mit hohem türkischen Bevölkerungsanteil. Durch meine türkische Abstammung und meine entsprechenden Sprachkenntnisse fülle ich bestimmt eine Nische. Etwa 75 Prozent meiner Klientel ist türkischer Abstammung. Eine andere Stärke ist, daß sich meine Mandanten bei mir wohl und gut aufgehoben fühlen. Das höre ich immer wieder.Wie verhalten Sie sich der Konkurrenz gegenüber? Nett und freundlich, aber ich habe sie immer genau im Blick.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Eigentlich habe ich keine Ziele. Ich nehme die Dinge so, wie sie kommen. Ich denke, daß ich später auch noch einmal etwas anderes machen werde, als diese Kanzlei zu leiten.