Zum Erfolg von Heinz Carmann
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Erfolg liegt für mich im Erreichen eines Zieles, für das es Vorgaben gibt. Erfolg bedeutet weiters, die Freude an der Tätigkeit nicht zu verlieren und ständig motiviert zu sein, weiters auch die Möglichkeit, das Berufsleben so zu gestalten, daß das Privatleben nicht zu kurz kommt.Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg? Eine Vision zu haben, von der man auch überzeugt ist und dazu eine konstruktive Vorgangsweise. Eine menschenorientierte Einstellung ist für mich nötig, um meine Ziele zu erreichen, da es eines unserer wesentlichen Anliegen ist, die Mitarbeiter aus dem ehemaligen Ostblock in unser westliches Konzept zu integrieren. Man muß vorurteilslos sein, um mit Menschen anderer Länder erfolgreich zusammenarbeiten zu können. Ich denke, daß ich auch für meine Mitarbeiter nachvollziehbare Entscheidungen treffe.
Ab wann empfanden Sie sich als erfolgreich?
In der Schweiz war ich überwiegend mit Labortätigkeit beschäftigt, was für mich keine längerfristige Aussicht dargestellt hat. Mit meinem Wechsel nach Wien und den nach einer Zeit auch sichtbaren Erfolgen war schon ein gewisser Grundstein für mich gelegt.
In welcher Situation haben Sie erfolgreich entschieden?
Es gab im Jahr 1986, nach sechzehnjährigem Aufenthalt in der Schweiz, ein Angebot der Firma Hoffmann La Roche, nach Wien zu gehen, das ich annahm. Dieser Wechsel bedeutete auch eine Änderung meiner Tätigkeit. Die Entscheidung, nach Wien zu ziehen, erwies sich auch im Hinblick auf meine jetzige Tätigkeit als notwendig und richtig.Ist Originalität oder Imitation besser, um erfolgreich zu sein? Ich würde sagen, daß Originalität eher zum Erfolg führt. Oft ist es jedoch nötig, Vorhandenes zu imitieren.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Meine Mitarbeiter geben mir das Gefühl, daß ich Teil des Ganzen bin. Anerkennung bedeutet für mich auch, daß wir auf europäischer Ebene, auch in hierarchischer Hinsicht, eine große Rolle spielen.Welches Problem scheint Ihnen in Ihrer Branche als ungelöst? Die Fusionen und Mergers innerhalb der Pharmabranche werden noch schneller vor sich gehen als bisher. Die Zahl der wirklich großen Unternehmen wird sich weltweit auf zehn bis fünfzehn Konzerne reduzieren; der Spielraum wird somit kleiner werden, da es in der Branche wenige Firmen mit großem Einfluß geben wird. Auf der anderen Seite ist zu erwarten, daß die Genforschung zu einem Paradigmenwechsel in der Arzneimittelentwicklung führen und das Outsourcing an Bedeutung gewinnen wird.
Welche Rolle spielen die Mitarbeiter bei Ihrem Erfolg?
Mitarbeiter sind unbedingt als Garant für den Erfolg zu sehen. Wir können nur mit Mitarbeitern, die motiviert sind, erfolgreich sein.Nach welchen Kriterien wählen Sie Mitarbeiter aus? 70 bis 80 Prozent unserer Mitarbeiter in den zentral- und osteuropäischen Ländern sind Ärzte, unsere österreichischen Mitarbeiter sind zum Großteil Naturwissenschaftler (Pharmazeuten, Biologen, Chemiker, etc.). Speziell in den zentral- und osteuropäischen Ländern legen wir großen Wert auf Mitarbeiter mit guten Englisch- und PC-Kenntnissen, da unsere Firma in Englisch kommuniziert und auf der IT-Ebene hoch spezialisiert ist. Weiters achten wir bei unseren Mitarbeitern stark auf Teamfähigkeit; introvertierte Menschen und Einzelgänger passen nicht in unser Unternehmen.
Wie ist Ihr hierarchischer Strukturkoeffizient?
Als Geschäftsführer und Vizepräsident stehe ich unserer Gesellschaft vor und unterstehe direkt dem Präsidenten für Europa. Unter meiner Position gibt es eine Struktur, die dem europäischen Headquarter entspricht. Es gibt einen Direktor für operationale Belange, daneben noch Direktoren für Finanzen, Personalwesen, Business Development und IT; darunter derzeit etwa 800 Mitarbeiter. Überdies sind mir noch die Country Manager der verschiedenen Länder direkt unterstellt, die teilweise vor Ort, zum Teil von Wien aus agieren. Aufgrund der räumlichen Nähe zu meiner nächsten Ebene kommuniziere ich täglich mit ihr; die Country Manager kommen einmal pro Quartal zu einem Meeting nach Wien.Welche sind die Stärken Ihres Unternehmens? Unser Erfolgsgeheimnis liegt darin, daß wir schneller als andere die Marktsituation erkennen, unsere Möglichkeiten besser realisieren und mit unserem Know-how und Support sicherstellen, daß alle Mitarbeiter nach internationalen Standards arbeiten.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Mein Privatleben ist sicher eingeschränkt. Ich meine das nicht in dem Sinne, daß ich keines habe, aber die Arbeit nimmt natürlich viel Platz ein, vor allem in Zeiten, wenn viele Entscheidungen anstehen. Ich versuche jedoch, mir die Abende und Wochenenden frei zu halten.Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben? Ich denke, daß es in Zukunft die Sicherheit einer Anstellung auf Lebenszeit (sofern man sich nichts zuschulden kommen läßt) in keinem Unternehmen mehr geben wird. Die Konsequenzen für die heute junge Generation sind schwer abzusehen, die persönliche Lebensplanung des Einzelnen wird sich jedenfalls sehr stark ändern. Man muß heute eindeutig von sich selbst ausgehen, sich fragen: Was will ich, wie gestalte ich meine Berufsplanung? Dieser Egoismus wird auch zu höherem Selbstbewußtsein führen. Meine Empfehlung an die junge Generation lautet also, mit offenen Augen Veränderungen zu erkennen und Chancen schnell zu nützen, Entscheidungen rasch zu treffen.