Zum Erfolg von Renate Herrmann
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Mein geschäftlicher Erfolg sind meine zufriedenen und fröhlichen Gäste, die gerne immer wieder zu mir kommen. Der wahre Erfolg sind innere Zufriedenheit und Gelassenheit, die sich dadurch einstellen.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Ich habe in den 25 Jahren, in denen ich diesen Heurigen mit Weinbau betreibe, alle meine Schulden bezahlt und bin Volleigentümerin.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Ich bin ein umgänglicher und humorvoller Mensch, die Leute sind gewohnt, mich am Buffet zu sehen, und meine persönliche Betreuung wird sehr geschätzt.
Wie begegnen Sie Herausforderungen des beruflichen Alltags?
Durststrecken gibt es immer, wichtig ist die innere Kraft, diese hinzunehmen und weiterzumachen. Im Tun liegt der Erfolg. Das Geschäft ist sehr wetterabhängig. Bei Schlechtwetter kommen weniger Gäste, während bei Schönwetter der Garten voll ist und die Gäste vielleicht ein wenig warten müssen. Freundliches Personal und individuelle Betreuung sind dann besonders wichtig.
Ist es für Sie als Frau in der Wirtschaft schwieriger, erfolgreich zu sein?
Ich habe keine Probleme, als Frau angenommen zu werden. Den Weinbau erledige ich meist allein, zwei Hilfskräfte sind mir beim Weinschneiden behilflich. Lese, Pressen und Kellerarbeiten sind jedoch meine Arbeiten.
Ab wann empfanden Sie sich als erfolgreich?
Als ich mich selbständig machte, merkte ich ziemlich rasch, daß ich erfolgreich arbeiten konnte. Den Kundenstock konnte ich nicht übernehmen, denn Stammkunden hängen meist am Chef. Nach den ersten vier bis fünf Jahren verbesserten sich die Umsätze jedoch rasant, und ich hatte viele Stammkunden gewonnen.
Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat?
Meine Schwiegermutter, Frau Edeltraud Herrmann, die auch Heurigenwirtin war, zeigte mir viele Kniffe für eine erfolgreiche Heurigenküche, wofür ich ihr sehr dankbar bin. Meine Großmutter war schon Weinbäuerin, vielleicht kam daher der Bezug zum Weinbau.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Mittlerweile hat mein Unternehmen einen Bekanntheitsgrad erlangt und viele Stammgäste. Ich bin stolz darauf, und es vermittelt mir ein gutes Gefühl, dies durch meiner Hände Arbeit geschafft zu haben.
Welches Problem scheint Ihnen in Ihrer Branche als ungelöst?
Früher genossen Buschenschanken eine steuerliche Begünstigung, weil der Weinbau in Wien unrentabel ist. Ein zugelieferter Wein für eine Weinschenke ist viel billiger. Eine Buschenschank muß zudem jetzt auch eine Buffetkonzession haben, das bedingt doppelte Pflichtkrankenkassenbeitragszahlungen für mich, einmal für die gewerbliche Wirtschaft und einmal für die Sozialversicherung der Bauern. Das sind neben den verlorenen steuerlichen Begünstigungen auch sehr große finanzielle Nachteile.
Wie werden Sie von Ihrem Umfeld gesehen?
Als eine tüchtige, bodenständige Frau, die sich mit ihrer Hände Arbeit auf ehrliche Art und Weise eine gute Basis geschaffen hat.
Welche sind die Stärken Ihres Unternehmens?
Primär ist die Lage ausschlaggebend, sekundär die familiäre Atmosphäre sowie Originalität. Ich führe einen Heurigen wie anno dazumal, diese Nostalgie kommt bei den Gästen sehr gut an. Ich finde, die Tradition gehört gewahrt, ein typischer Heuriger ist kein Restaurant. Bei mir gibt es eben das klassische Heurigenbuffet, und die Aufstriche produziere ich alle selbst. Wie verhalten Sie sich der Konkurrenz gegenüber? Jedes Lokal hat seine Fans und Gäste, es gibt da kein Konkurrenzdenken. Mein Umgang mit den anderen ist kollegial und positiv.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Mein Privatleben kommt definitiv zu kurz.
Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben?
Ich finde, das Wichtigste für jeden Beruf ist beinharte Arbeit. Die Devise heißt: Arbeiten, nicht arbeiten lassen. Für ein Studium sollten sich nur besonders begabte Menschen entscheiden. Es ist keine Schande, ein Handwerk auszuüben, aber arbeitslose Intellektuelle sind oft sehr zu bedauern. Sprachen zu lernen und zu beherrschen ist allerdings sehr wichtig.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Ich will zufrieden weiterarbeiten und auch in meiner Pension das Lokal weiterhin betreuen. In der Gastronomie ist es nicht üblich, von einem Tag auf den anderen aufzuhören. Ich hoffe, daß mein Sohn Paul mein Lokal übernimmt, er ist zwar Bauingenieur, könnte aber den Heurigen nebenbei führen; meine Tochter hatte nie Interesse an dem Unternehmen. Ich sehe der Zukunft gelassen und entspannt entgegen, es kommt, wie es kommt, und es wird gut sein.
Ihr Lebensmotto?
Das Wichtigste ist innere Zufriedenheit.