Zum Erfolg von Tino Wieser
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Ich dachte früher immer, daß Erfolg am jährlichen Gewinn meßbar ist, doch heute weiß ich, daß nicht die Höhe des Gewinns den Erfolg ausmacht. Erfolg heißt für mich, glücklich zu sein, seinen Job zu lieben, gern zu arbeiten. Wenn man jung ist, denkt man vor allem an finanzielle Aspekte, doch mit der Zeit erkennt man, daß das private Glück wichtiger ist.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Nein, ich denke, daß ich nicht mehr kann als jeder andere auch, und was ich leiste, kann jeder andere Mensch leisten.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Ausschlaggebend für meinen Erfolg waren mein Arbeitseinsatz und meine Sparsamkeit.
Wie begegnen Sie Herausforderungen des beruflichen Alltags?
Mit der Zeit bekommt man eine gewisse Routine. Man geht an die Probleme immer wieder ähnlich heran, die Phase, in der man sich über sie aufregt, wird mit der Zeit kürzer: Ich beginne mit einer Analyse des Problems und versuche seinen Ursprung zu ergründen Manche Probleme sieht man früh kommen, und daher ist man auf sie vorbereitet. Je schneller man eine Entscheidung trifft, desto besser. Dabei spielt es weniger eine Rolle, ob die Entscheidung die richtige war, denn auch aus Fehlern lernt man. Zu langes Überlegen halte ich für nicht sinnvoll.
Ist Originalität oder Imitation besser, um erfolgreich zu sein?
Ich denke nicht, daß diese beiden Herangehensweisen etwas mit Erfolg zu tun haben. Wie ich bereits sagte, glaube ich nicht, daß ich besser arbeiten kann als jeder andere auch, daher halte ich es nicht für wichtig, wie originell man als Person ist. Ich denke, daß es mehr auf Durchhaltevermögen und Kraft ankommt.
Welches Problem scheint Ihnen in Ihrer Branche als ungelöst?
Ich sehe ein ungelöstes Problem in der Zusammenarbeit von Lieferanten und Händlern. In den guten Zeiten der Textilbranche, vor zehn bis 15 Jahren, war dieses Problem nicht so akut, da die Gewinnspanne größer war. Doch heute wäre es notwendig, daß die Lieferanten und die Händler besser zusammenarbeiten, was zum Beispiel die PR, die Aktualität der Mode oder die Lieferkonditionen betrifft. Heute gibt es keine unerschlossenen Märkte mehr in Österreich, daher ist eine Expansion schwieriger.
Welche Rolle spielen die Mitarbeiter bei Ihrem Erfolg?
In Prozenten ausgedrückt, haben die Mitarbeiter einen 75-prozentigen Anteil am Erfolg. Gewisse Positionen muß man mit Leuten seines Vertrauens besetzen. Diese Positionen sind in meinem Betrieb von Anfang an bis heute mit denselben Personen besetzt. Jeder Mitarbeiter hat das Recht, Fehler zu machen, ich stehe trotz ihrer Fehler hinter meinen Mitarbeitern. Von 100 Mitarbeitern sind zehn wichtig und 90 austauschbar, die Anzahl der austauschbaren Mitarbeitern wächst mit der Größe des Betriebes.
Nach welchen Kriterien wählen Sie Mitarbeiter aus?
Die Auswahlkriterien sind von der jeweiligen Position abhängig. Bei den unteren Ebenen spielen hauptsächlich Sympathie, persönliche Ausstrahlung und die Gehaltsvorstellungen des Anwärters eine Rolle. Auf der mittleren Ebene lege ich am meisten Wert auf eine gute Ausbildung, eine passende Qualifikation und Erfahrung. In der höheren Ebene entscheide ich nach Vertrauen und Loyalität.
Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?
Finanzielle Anreize sind nur in niedrigeren Gehaltsstufen möglich. Ich halte kleine Geschenke, nette Gesten und Lob für motivierender.
Welche sind die Stärken Ihres Unternehmens?
Wir sind sehr flexibel und innovativ und können uns schnell an neue Situationen anpassen.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Ich machte die Erfahrung, daß eine Vereinbarung von Beruf und Privatleben für mich nicht möglich ist, obwohl das wünschenswert wäre. Ich arbeitete anfangs mit meiner damaligen Freundin zusammen, doch meine Beziehung ging durch das gemeinsame Arbeiten in die Brüche. Dasselbe passierte auch meinen Eltern und meinem Bruder. Heute bin ich nach einer 14-jährigen Beziehung wieder solo.
Wieviel Zeit verwenden Sie für Ihre Fortbildung?
Ich lese viele Fachzeitschriften, die wir abonniert haben. Ich denke, daß ich ungefähr zwei Stunden in der Woche für meine Weiterbildung verwende. Am meisten lerne ich aber im Gespräch mit Geschäftspartnern oder Kollegen.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Unser kurzfristiges Ziel ist es, die Logistik umstellen und Personalschulungen einzuführen. Im nächsten Jahr ist die Eröffnung von drei weiteren Filialen geplant. In fünf Jahren möchte ich meine Arbeitszeiten reduzieren und nur mehr von Montag bis Freitag arbeiten.
Ihr Lebensmotto?
Ich weiß, daß ich am Ende meines Lebens Bilanz ziehen werde, und ich möchte, daß dann auf der positiven Seite mehr zu verzeichnen ist als auf der negativen. Ich möchte immer mein Bestes geben.