Zum Erfolg von Wolfgang Reithofer
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Persönlicher Erfolg ist das Bewegen von Sachthemen. Was mich interessiert, sind Lösungen, wobei persönliche Eitelkeiten nicht zweit-, sondern drittrangig sind. Es geht darum, ein Thema, und ich sage bewußt Thema und nicht Problem, zu analysieren und dafür die richtige Struktur und eine Lösung zu finden. Das ist für mich Erfolg.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Ich glaube, das sind mehrere Punkte, die da zusammenspielen und letztendlich ein Gesamtbild ergeben. Ein Thema ist Offenheit und Ehrlichkeit vor allem anderen gegenüber, Korrektheit und Verläßlichkeit fallen ebenfalls in diese Kategorie. Ein zweites Thema ist die Kombination der Fähigkeit, Luftschlösser zu bauen, und der Konsequenz, den Plan dann auch konkret durchzuführen. Man braucht Träume, Phantasien, Ideen, Visionen, wie immer man das auch nennen will, aber man muß auch danach streben, sie zu realisieren.
Wie begegnen Sie Herausforderungen des beruflichen Alltags?
Ich stelle fest, daß die meisten Menschen ihre Gefühle, in welche Richtung auch immer, verstärken. Zu Tode betrübt oder himmelhoch jauchzend: wir neigen dazu, Dinge zu übertreiben. Dann gibt es Menschen, die sich nur vor dem Spiegel stark machen. Ich versuche das eher nüchtern zu handhaben und, wenn das Pendel stark ausschlägt, gelassen zu sein; so ein bißchen nach dem Grundsatz: sine irae studio. Nicht immer sofort alles mit dem Eifer der ersten Emotion angehen, sondern viele der vor allem großen Themen zuerst überschlafen. Das ist schon fast ein Prinzip von mir, Abstand zu gewinnen und von den Emotionen wegzukommen.
In welcher Situation haben Sie erfolgreich entschieden?
Es gibt eine ganze Reihe von Entscheidungen, bei denen ich das Gefühl habe, daß sie zu einer guten Entwicklung führten, genauso gibt es Entscheidungen, bei denen ich rückblickend konstatiere, daß es besser gewesen wäre, anders zu entscheiden, egal ob aufgrund mangelnder Vorbereitung oder schlechter Analyse. Aber es gibt einige Themen, die mir Spaß machen, wie zum Beispiel der Bau des Business Parks am Wienerberg. 1986, als wir von Ostösterreich aus den Schritt in Richtung Deutschland gegangen sind, war das eine Entscheidung, durch die die weitere Entwicklung von Wienerberger erst möglich wurde.
Ist Originalität oder Imitation besser, um erfolgreich zu sein?
Es ist idiotisch zu glauben, alles selbst machen zu können. Die ganze Wirtschaft, das ganze Leben ist auf Arbeitsteilung aufgebaut. Es gibt rundherum genug Leute, die die Ambition und auch den Willen haben, etwas zu tun, und die soll man tun lassen. Warum soll man alles selbst machen? Natürlich muß man dann akzeptieren, wie die agieren und in welche Richtung sie marschieren. So gesehen muß man sicherlich nicht alles neu erfinden, aber natürlich bin ich nicht jemand, der Dinge nach dem Motto das war immer schon so ungeprüft akzeptiert. Ich muß etwas verstehen, aber ich akzeptiere vollkommen, wenn andere es in anderer Form machen. Entweder man macht etwas selbst oder man läßt andere seine eigenen Wege gehen.
Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat?
Mein Vater und zwei Professoren an der Universität sowie Herr Schaschl von Wienerberger prägten meinen Weg sehr stark.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Mit diesem Thema setze ich mich nicht sehr intensiv auseinander, aber die Menschen sind sehr freundlich zu mir. Allein in diese Funktion zu kommen ist natürlich Anerkennung. Ich bin frei von Netzwerken, auch politischen, ich suche auch nicht nach Kreisen, die mich unterstützen - ich eigne mich nicht dafür.
Welches Problem scheint Ihnen in Ihrer Branche als ungelöst?
Man stellt mir diese Fragen laufend: Was ist das größte Problem von Wienerberger?, oder: Was macht Sie schlaflos? Meine überzeugte Antwort ist: Es macht mich schlaflos, daß ich nicht weiß, ob es etwas gibt - und was es geben könnte, das mich schlaflos machen sollte. Ich würde niemals nie sagen, aber Probleme, respektive Themen, wie ich sie zu nennen pflege, sind dazu da, um gelöst zu werden.
Wie werden Sie von Ihrem Umfeld gesehen?
Ich glaube, als sachorientiert und ehrlich.
Welche Rolle spielen die Mitarbeiter bei Ihrem Erfolg?
Eine extrem große. Das Ganze ist ja ein Rollenspiel. Ich spreche ja nicht mit der Person, sondern mit der Funktion, dennoch gehört alles zusammen wie bei einer Fußballmannschaft. Eine der faszinierenden Sportarten ist für mich der Staffellauf in der Leichtathletik: Zwischen zwei weißen Strichen gibt es ein Feld, wo der eine mit vollem Tempo reinläuft und der andere voll beschleunigt haben muß, bevor er den zweiten Strich erreicht hat, dann greift er nach hinten, ohne zu schauen, und muß sicher sein, das Staffelholz zu kriegen. Manchmal geht es schief. Aber dieses gegenseitige Vertrauen ist extrem wichtig. Mir ist wichtig, mit allen reden zu können und auch Widerspruch zu hören. Wenn ich jemanden frage, möchte ich nicht meine Meinung hören, denn die kenne ich ja.
Nach welchen Kriterien wählen Sie Mitarbeiter aus?
Das Zusammenpassen ist das wichtigste Kriterium. Danach kommen Loyalität, Einsatzbereitschaft und Hausverstand.
Welche sind die Stärken Ihres Unternehmens?
Wir sind dezentral, pragmatisch, unkompliziert und umsetzungsorientiert. Sehr wichtig ist das Zusammenspiel der Mitarbeiter. Jeder kann und will als Unternehmer im Unternehmen agieren. Dieser Freiraum, der sich aus der dezentralen Struktur ergibt, ist eine der größten Stärken, die wir haben.Wie verhalten Sie sich der Konkurrenz gegenüber? Es gilt auch da volle Akzeptanz, jeder will sein Geschäft machen. Es ist nicht angenehm, einen Konkurrenten zu haben, aber man muß eines im Kopf haben: Die Freiheit des einen endet dort, wo die Freiheit des anderen beginnt.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Jetzt ist es besser, aber in jungen Jahren braucht man viel mehr Zeit für gewisse Dinge und nimmt vielleicht manches für zu wichtig, da kommt dann das Private ein bißchen unter die Räder.
Wieviel Zeit verwenden Sie für Ihre Fortbildung?
Es stellt sich eher die Frage, wie man vorgeht. Meine Intention ist es, mit Fachleuten, egal ob aus Wirtschaft oder Politik, oder mit Freunden zu sprechen, um möglichst viele Themen zu diskutieren. Ich habe keine speziellen Managementtechniken und bin auch kein Freund davon, ich bin gegen all dieses Reglementieren, ich bin sehr dafür, daß man sich die Dinge selbst überlegt und dann auch macht.
Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben?
Es ist wichtig zu wissen, was man will und wohin man will. Wesentlich ist es dabei, sich die Flexibilität zu erhalten, die Möglichkeiten, die sich bieten, aus der Situation heraus zu entscheiden. Man sollte nicht, weil es gerade modern ist, bestimmten Trends folgen.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Bei Wienerberger ist das Ziel sehr einfach: das, was wir unseren Eigentümern, also den Aktionären, darlegen, nämlich die kontinuierliche Steigerung des Ergebnisses und damit Wertschaffung, auch wirklich durchzuziehen und das Unternehmen sehr offen und transparent darzustellen, sodaß die Entwicklung von Wienerberger auch von der Managementseite langfristig abgesichert ist.
Ihr Lebensmotto?
Live and let live. Den Anderen akzeptieren, ihm seinen Lebensraum lassen und sich durchaus darüber freuen. Wenn man einen Weg nur wegen der persönlichen Karriere verfolgt, kann man durchaus auch damit ein Stück weiterkommen, ob das aber der langfristige Erfolg ist, wage ich zu bezweifeln. Man sollte versuchen, als Unternehmer zu denken und nicht als Manager, denn Manager sind die, die das Unternehmen brauchen, um sich selbst darzustellen.