Zum Erfolg von Ulrike Psenner
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Ich sehe es als Erfolg, wenn meine Arbeit und meine Leistungen geschätzt und anerkannt werden. Wenn ich Projekte, die ich mir vornahm, realisieren kann, ist das für mich ein schönes Erfolgserlebnis. Ich denke, es ist auch ein Erfolg, wenn man mit seinen Mitmenschen, sowohl privat als auch beruflich, gut auskommt. Wenn ich sehe, daß meine Kollegen meine Entscheidungen gutheißen, dann spreche ich von persönlichem Erfolg.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Bis jetzt sehe ich mich als erfolgreich, weil ich bis zu meinem Eintritt ins Landesgericht nie im Bereich Justizverwaltung tätig war und dennoch für die Stelle ausgewählt wurde. Ich sehe mich auch als erfolgreich, weil ich heute viel Entscheidungsfreiheit habe. Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg? Ich machte meine Arbeit immer sehr gerne. Ich glaube, wenn man seine Tätigkeit gerne macht, dann macht man sie auch gut, sodaß die Anerkennung dann wie von selbst kommt. Ich kam mit meinen Kollegen und mit anderen Menschen ganz allgemein immer sehr gut aus. Natürlich war auch meine fachliche Kompetenz entscheidend. Ist es für Sie als Frau in der Wirtschaft schwieriger, erfolgreich zu sein? Während meiner Richterlaufbahn hatte ich nie das Gefühl, als Frau benachteiligt zu werden. Ich bemerke aber, daß der Anteil an Frauen in Führungspositionen eher gering ist. Möglicherweise bewerben sich nicht so viele Frauen für diese Positionen, vielleicht liegen hier auch gewisse Ressentiments der Männer vor. Ich persönlich hatte nie das Gefühl, es als Frau schwerer zu haben.
Ab wann empfanden Sie sich als erfolgreich?
Seit der Ernennung zur Präsidentin fühle ich mich besonders erfolgreich. Ich freue mich sehr, diesen Sprung geschafft zu haben. Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat? Das ist in meinem Beruf sehr schwer, da Richter im Grunde Einzelgänger sind. Dennoch prägte mich Herr Dr. Woratsch, der vorherige Präsident, der jahrelang Vizepräsident der Richtervereinigung und auch in der Gewerkschaft tätig war. Es setzte sich immer für die Unabhängigkeit der Richter ein, forderte dafür aber von den Richtern, das höchste Maß an Loyalität, Unbeeinflußbarkeit und Kompetenz darzustellen. Er verlangte von jedem Richter, korrekt vorzugehen und in der Öffentlichkeit eine unantastbare Autorität darzustellen.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Obwohl wir 2005 sehr dürre Zeiten in der Personalstruktur hatten, arbeiteten die Kollegen und Mitarbeiter mit vollem Einsatz. So meisterten wir auch dieses schwierige Jahr trotz personeller Unterbesetzung sehr gut und rückstandsfrei. Ich empfinde es als Anerkennung meiner Person, daß meine Mitarbeiter mit meiner Leitung zufrieden waren und ihr Bestes gegeben haben.
Welche Rolle spielen die Mitarbeiter bei Ihrem Erfolg?
Meine Mitarbeiter sind enorm wichtig für das gesamte Unternehmen. Ein Unternehmen ist immer nur so gut wie seine Mitarbeiter. Ich sehe das realistisch, es können nicht alle Mitarbeiter hervorragend sein, doch wenn über zwei Drittel besonders gute Arbeit leisten, dann bin ich glücklich - und so ist es auch hier im Landesgericht. Ich bin sehr zufrieden mit den Mitarbeitern.
Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?
Ich versuche meine Mitarbeiter zu motivieren, indem ich ihre Arbeit schätze und lobe. Sollte einmal etwas nicht so gut klappen, dann kann man das Problem meistens durch ein Gespräch bereinigen.
Wie werden Sie von Ihrem Umfeld gesehen?
Wie ich anhand der Reaktionen sehe, habe ich im Haus doch eine gute Akzeptanz. Viele Mitarbeiter kommen mit Vorschlägen oder Problemen zu mir. Ich habe in der Zusammenarbeit keinerlei personelle Schwierigkeiten.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Ich habe genug Zeit für mein Privatleben. Völlig unangetastet vom Beruf bleibt es zwar nicht, aber es ist ein Vorteil, daß mein Mann ebenfalls Richter ist. So kennt er meine Situation, hat Verständnis, und ich kann viele Probleme mit ihm besprechen. Ansonsten belaste ich meine Familie so wenig wie möglich mit meinem Beruf. Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben? Wenn junge Menschen Richter werden, sollen sie ihren Beruf verantwortungsvoll ausüben und nicht glauben, daß sie durch ihre Entscheidungsmacht weit über den anderen Menschen stehen. Sie sollen nicht vergessen, daß man viele Probleme im Gespräch klären kann, sich nicht von ihrem Umfeld in ihrer Arbeit beeinträchtigen lassen und nicht zulassen, daß jemand anderer sie beeinflußt. Sie sollten versuchen, das darzustellen, was einen Richter ausmacht.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Ich habe eigentlich keine beruflichen Ziele mehr. Ich konnte mehr erreichen, als ich zu erreichen dachte. Ich bin glücklich, daß mir diese leitende Position übertragen wurde. Ich hoffe vor allem, daß wir so wie bisher weiterarbeiten können, und daß die personelle Knappheit uns nicht weiterhin trifft. Im großen und ganzen funktioniert alles hervorragend.
Ihr Lebensmotto?
Carpe diem! Wenn man sich klarmacht, was in der Welt geschieht, dann ist es das Beste, wenn man seine freie Zeit so verbringt, wie es einem Freude bereitet, und aus dieser Freizeit seine Kraft für den Beruf schöpft.