Zum Erfolg von Bernhard Görg
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Meine Träume zu verwirklichen. Ich habe Träume konkreten Zielen immer vorgezogen, und ich habe meine Zukunft nie geplant. Ich sehe mich eher als Angler, der Chancen früh erkennt und aufspürt und zum entscheidenden Zeitpunkt seine Angelrute an der richtigen Stelle ausgeworfen hat.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Objektiv ja, aber im Sinn meiner subjektiven Definition von Erfolgeher nein. Ich habe immer von einem Höchstmaß von Verantwortung geträumt. Als Student habe ich einmal im Spaß gemeint, daß es auf der Welt nur drei Jobs gibt, für die es sich lohnt zu kämpfen: Amerikanischer Präsident, Generalsekretär der KPdSU und Papst. Vizebürgermeister von Wien zu sein, war eine großartige Aufgabe, aber die Erfüllung meines ganz großen Traums war es nicht. Ich bin aber weder verbittert noch enttäuscht.Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg? Ich habe eine ausgesprochen schöne Kindheit erlebt und durfte mich geborgen fühlen. Das hat mir eine enorme Grundsicherheit verschafft, und ich habe nie Angst vor Fehlentscheidungen gehabt. Ich halte mich für produktiv und expeditiv, für jemanden, der aus zwei plus zwei mehr als vier machen kann. Ich bin ein guter Futterverwerter. Andererseits fluktuiert meine Aufmerksamkeit zu stark, und mir fehlt ein wirklich langer Atem.Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat? Mit Sicherheit meine Eltern und meine Familie, die mir die Basis für mein Leben ermöglichten. Als Persönlichkeit hat mir Alois Mock imponiert. Seine Geradlinigkeit, seine ungeheure Hartnäckigkeit, Ziele zu verfolgen und auch auf lange Zeit nicht aus den Augen zu verlieren, sind bemerkenswerte Eigenschaften. Wenn ich an eine politische Leistung denke, die mich beeindruckt hat, dann will Ich Erhard Busek nicht unerwähnt lassen, jener Mann im übrigen, der mich 1991 bei der Stichwahl zum ÖVP-Bundesparteiobmann mit 56 zu 44 Prozent besiegt hat - eine Niederlage, die ich nie so richtig verdaute. An Busek gefiel mir, daß er sich zu einer Zeit, in der dies alles andere als selbstverständlich war, intensiv mit den Dissidenten hinter dem eisernen Vorhang beschäftigte - eine bis heute hoch einzuschätzende moralische Haltung in der österreichischen Politik.
Welche Rolle spielen die Mitarbeiter bei Ihrem Erfolg?
Eine erhebliche. Der Mitarbeiterstab ist ohne Zweifel mitverantwortlich für die meisten Erfolge.Nach welchen Kriterien wählen Sie Mitarbeiter aus? An der Spitze ist immer persönliche Sympathie gestanden. Loyalität war als Kriterium eher zweitrangig. Ein Chef gibt zu allererst Loyalität, dann bekommt er sie auch zurück. Dieses Credo hat nicht immer funktioniert, da bin ich manchmal auf die Nase gefallen. Aber im wesentlichen und vor allem im engsten Umfeld wurde ich immer von exzellenten Mitarbeitern unterstützt.
Wie werden Sie von Ihren Mitarbeitern gesehen?
Ich denke, meine Mitarbeiter mochten mich, weil sie mein ehrliches Interesse an ihrer Person spüren konnten. Und sie hatten auch in brenzligen Lagen das beruhigende Gefühl: Dem Görg wird schon was einfallen. Negatives Feedback bekam ich zuweilen in die Richtung, daß ich zu wenig oder gar kein Lob verteilte.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Ich habe Familie und Beruf immer recht gut unter einen Hut gebracht. Die Politik nimmt einen natürlich zeitlich mehr in Anspruch als die Wirtschaft, aber ich habe auch als Politiker Wert darauf gelegt, nicht regelmäßig 16-Stundentage zu haben. Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben? Das wichtigste ist, so viel als möglich lernen zu wollen, nicht nur im Sinne der Allgemeinbildung. Das erfordert eine unentwegte Neugierde. Im Gepäck sollte man unbedingt auch einen Kompaß haben, der einem zwischen Gut und Schlecht zu unterscheiden hilft. Von Bedeutung sind auch das bewußte Setzen von Zielen oder Träumen, die das realistische Maß ruhig übersteigen dürfen. Es lohnt sich meiner Meinung nach nicht, allzu realistische Ziele zu haben. Die daraus resultierende Befriedigung erscheint mir als zu gering.