Zum Erfolg von Gerhard Öhlsinger
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Erfolg sehe ich nicht als das an, was ein einzelner, sondern was das Kollektiv zu erreichen imstande ist. Erfolg sehe ich auch als die Möglichkeit, sich selbst in einem gewissen Sinne zu verwirklichen, wobei man sich der Tatsache bewußt sein sollte, daß Selbstverwirklichung in einer Position, die mit Macht verbunden ist, nicht mit Despotismus gleichzusetzen ist.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Genau genommen, ja. Ich hatte zwar ursprünglich nicht den Plan gefaßt, eines Tages Direktor der Schule zu werden, doch es ergab ein Schritt den anderen, und ich erlangte schlußendlich jene Position, die ich heute sehr gerne einnehme. Ich hatte im Laufe der vielen Jahre als Lehrer für Rechnungswesen Lehrlinge aus mehr als 20 verschiedenen Lehrberufen zu unterrichten, was mir einen Einblick in die Berufswirklichkeit sehr vieler Branchen gab, da es ja nötig war, sich in den jeweiligen Lehrberuf einzuarbeiten.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Entscheidend waren meine Menschlichkeit und mein Engagement, das mich in meiner Funktion als Lehrervertreter und vielen anderen ehrenamtlichen Tätigkeiten zum Wohl der Kollegenschaft eintreten ließ. Auch eine wesentliche Eigenschaft, die ich vor allem in meiner Funktion als Direktor nutzen konnte, war meine Fähigkeit, stets die Eigenverantwortung jedes Mitgliedes meines Lehrkörpers zu stärken, um so die Zufriedenheit jedes Mitarbeiters am Arbeitsplatz zu heben. Das Bewußtsein, daß ich als Lehrer dazu da bin, dem Schüler zu helfen, ist meiner Meinung nach ebenfalls ein guter Ansatz, um in diesem Beruf glücklich und letztlich auch erfolgreich zu werden. Ich war mit meinen Ideen oft meiner Zeit um Jahre voraus, und auch jetzt - so kurze Zeit vor meiner Pensionierung - hätte ich noch mehr als genug neue Ideen.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Wann immer ich im Laufe meines Berufslebens etwas geleistet habe, mit dem sich vielleicht letzten Endes jemand anders geschmückt hat, so hat mich das nie gestört. Ich selbst war mir meiner Fähigkeiten so sehr bewußt, daß ich immer wieder Erfolge zu verzeichnen hatte, für die ich auch reichlich Anerkennungen erhielt. Was ich nicht guthieß, war, wenn ein Lehrerkollege mit meinen vorbereiteten Unterrichtsmaterialien in eine Stunde gehen wollte. Hier vertrete ich den Standpunkt, daß jeder seinen eigenen Stil entwickeln und deshalb sein Material selbst vorbereiten muß.
Wie werden Sie von Ihrem Umfeld gesehen?
Ich bin ein konsequenter Mensch und wußte schon als Kind, was ich will, und ließ mir nichts gefallen. Ich werde bestimmt als zielstrebig eingestuft, gleichzeitig aber als gutmütig, und manchmal auch als Zyniker. Es ist nicht leicht, mich „zum Explodieren“ zu bringen, und während meiner ganzen Zeit als Direktor passierte dies kein einziges Mal.
Welche Rolle spielen die Mitarbeiter bei Ihrem Erfolg?
Ein guter Chef ist der, dem bewußt ist, daß er von seinen Mitarbeitern abhängig ist.
Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?
Jeder Lehrer soll seine Leidenschaft für den Beruf entdecken. Mein Motto hierfür war: Wenn du zur See fahren willst, so lehre deine Leute nicht, ein Schiff zu bauen, sondern wecke in ihnen die Sehnsucht nach dem Meer.
Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben?
Ein Rat ist zwar meist gut gemeint, kann aber immer nur subjektiv sein. Bei einer anderen Person, mit anderen Voraussetzungen, kann die Sache ganz anders ausschauen, deshalb halte ich persönlich nicht sehr viel davon, Ratschläge zu erteilen. Grundsätzlich ist es immer richtig, ein Ziel vor Augen zu haben und dieses beharrlich zu verfolgen. Wenn das Ziel erreicht ist, ist es Zeit für ein neues Ziel.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Mein wichtigstes Ziel ist, gesund zu bleiben. Ich habe bereits sehr viele Ideen, wie ich den neuen Lebensabschnitt der Pension gestalten will. Ich könnte mir vorstellen, ein Studium zu beginnen oder ein Instrument zu erlernen, auf jeden Fall möchte ich geistig tätig sein. Außerdem freue ich mich darauf, die neugewonnene Freizeit gemeinsam mit meiner Frau zu verbringen.
Ihr Lebensmotto?
Leben und leben lassen.