Zum Erfolg von Ursula Gigler-Gausterer
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
In dem Moment, wo etwas erledigt ist, ist es „erfolgt“, also nicht mehr spannend, weil es abgeschlossen ist. Mein Ansporn liegt darin, etwas Mögliches, aber noch viel mehr etwas Außergewöhnliches und unmöglich Scheinendes zu erreichen. Mein Tun muß mir Freude bereiten, Emotionen wecken und spannend sein.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Ein wesentlicher Aspekt war meine Konsequenz, ich gehe immer gerade auf ein Ziel zu. Mit unseren Künstlern und unserem hohen Qualitätsanspruch sind wir sozusagen ein Ausstellungsstück der Kunstuniversität. Sponsoring ist ein Geschenk, und ich verwehre mich dagegen, es als etwas anderes zu sehen. Als Sponsoren suchen wir stets Partner auf dem gleichen Level, und wir schenken Qualität zurück. Ich selbst komme aus einer erfolgreichen Familie, wo optimale Leistung Pflicht war. Als Pflichtverweigerin wurde ich bereits in meiner Schulzeit mit einigen Herausforderungen konfrontiert, und so lernte ich, im letzten, ausweglos erscheinenden Moment Top-Leistungen zu erbringen. Da ich von kleiner Statur bin, mußte ich in vielen Bereichen - zum Beispiel im Langlauf - früh Strategien entwickeln, um mit meinen Ressourcen das gleiche Ergebnis oder ein besseres als alle anderen zu erzielen. Aus dieser Notwendigkeit entwickelte sich mein Ehrgeiz, technische Fähigkeiten zu perfektionieren und ökonomisch zu agieren. Meine Lehrveranstaltung „Ökonomie der Bewegung“ vermittelt genau diese Inhalte. Auch das Tanztheaterfestival als Kleinbetrieb muß seine Strategien optimieren, um mit den Großen mithalten zu können. Ich gehe mit Idealismus an die Dinge heran und habe auch den Mut, andere zu fragen, um ambitionierte Projekte verwirklichen zu können. Ich-Bewußtsein ist für mich eine Selbstverständlichkeit - um sich wohl zu fühlen, muß man seinen eigenen Wert erkennen. Meine Mutter war Kinderärztin und behandelte alle Menschen gleich, egal welcher sozialen Schicht sie angehörten. Dieses Prinzip habe ich für mich übernommen. Bei meiner Arbeit, aber auch im täglichen Leben, gehe ich davon aus, daß jeder die Möglichkeit hat, seine Aufgaben optimal zu erledigen.
Wie begegnen Sie Herausforderungen des beruflichen Alltags?
Herausforderungen spornen mich an, für mich ist Widerstand inspirierend. Derzeit trainiere ich den Triathleten Martin Jandl für die Olympischen Spiele 2008. Die Herausforderung dabei liegt im Erkennen von Qualitäten und Prozessen und darin, diese Prozesse zu optimieren und zu einem positiven Ergebnis zu führen. Herausforderungen begegne ich grundsätzlich mit Intuition, aber auch mit eigenen Strategien - Überraschungsstrategien. Dadurch zwinge ich meine Gesprächspartner zu einem bewußt provokativen Dialog. Es entsteht eine Beziehung und daraus eine neue Perspektive, die es ermöglicht, gemeinsam Projekte durchzuführen.
Ist es für Sie als Frau in der Wirtschaft schwieriger, erfolgreich zu sein?
Nein - ich wuchs in einem männerdominierten Umfeld auf, und für mich stellte sich die Frage, ob Leistung von Männern oder Frauen erbracht wird, einfach nicht. Für mich war immer nur absolute Leistung relevant, die Leistung, die ein Mensch erbringen kann. Frauen zu bevorzugen halte ich für eine Diskriminierung der Frau, die sich in Begriffen wie „Quotenregelung“ oder „Frauensport“ widerspiegelt. Aussagen wie „Stadien sind nicht frauenadäquat“ ärgern mich, denn es müßte besser heißen, „Stadien sind nicht menschenadäquat“. Was ich an vielen Frauen von heute kritisiere, ist die Tatsache, daß sie Männer imitieren wollen. Wir Frauen sollten uns jedoch besser auf unsere eigenen Fähigkeiten konzentrieren und davon ausgehend die richtigen Strategien entwickeln.
Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat?
Am Akademischen Gymnasium in Graz hatte ich ausgezeichnete Lehrmeister, vor allem in den Bereichen Sport und Kunst. Dabei wurde großer Wert auf die Entfaltung von Kreativität und Charakter gelegt, und ich erhielt die Gelegenheit, selbständiges Denken zu entwickeln und den Mut, zu meiner Leistung zu stehen.
Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben?
Die Jugend von heute ist uniformiert und zeigt zu wenig Individualität. Ich wünsche ihr, daß sie mehr Mut zum Außergewöhnlichen hat und dazu, etwas Besonderes zu sein und zu leisten. Die jungen Menschen sollten sich darauf konzentrieren, eigene, individuelle Qualitäten zu erkennen und zu entwickeln.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Ich werde das Studium der Sportwissenschaften beenden und den Triathleten Martin Jandl zu Olympia 2008 führen. Schließlich möchte ich in Südösterreich für junge Nachwuchstänzer die Möglichkeit schaffen, eine anspruchsvolle international ausgerichtete Ausbildung auf dem Gebiet des zeitgenössischen Tanzes zu absolvieren.
Ihr Lebensmotto?
Spannend soll das Leben sein, emotional und frei!