Zum Erfolg von Ulrike Lunacek
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Unter Erfolg verstehe ich, dass meine Vorhaben umgesetzt werden und in Form von Ergebnissen sichtbar werden. Ergebnisse zu erzielen ist für eine Vertreterin einer Oppositionspartei nicht einfach, denn man kann sehr selten Gesetze umsetzen, kann Erfolg aber zum Beispiel an gelungenen Veranstaltungen und Initiativen sehen, die von den Regierungsparteien übernommen werden (z.B. eine Entschließung zur Einführung der Devisentransaktionssteuer auf EU-Ebene). Es ist mir auch sehr wichtig, dass mir meine Arbeit Spaß macht und zu mir passt.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Ja.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Für die Ausübung eines Berufs in der Politik sind Kommunikationsfreude und -geschick sowie eine rasche Auffassungsgabe unentbehrlich. Man muss auch offen für Kritik sein, diese aushalten und Auseinandersetzungen mögen. Man braucht ein gutes Team um sich, auf das man sich verlassen kann. Kreativität und Einfallsreichtum sind notwendig, denn man muss sich oft auf die Metaebene begeben. Ich machte nie ein Geheimnis aus meiner sexuellen Orientierung und setze mich für die Gleichberechtigung von Lesben und Schwulen ein.
Wie begegnen Sie Herausforderungen des beruflichen Alltags?
Ich kläre zuerst für mich die Richtung ab, in die es gehen soll, und wäge Pros und Kontras ab. Wenn eine Situation nicht eindeutig ist, spreche ich mit Vertrauten, und ich greife in der Organisation gerne auf Unterstützung zurück. Lieber entscheide ich nach Rücksprache mit meinem Team.
Ist es für Sie als Frau in der Politik schwieriger, erfolgreich zu sein?
Frauen haben es in jedem Fall schwerer, Männern wird einfach mehr zugestanden. Mir ist aufgefallen, dass gruppendynamische Eigenheiten stark in die Bewertung einfließen, wer in einer Gruppe in welchem Ausmaß gehört wird. Zudem ist die weibliche Sozialisierung ausschlaggebend für die Zurückhaltung vieler Frauen, bzw. die männliche für das Vorpreschen von Männern, egal ob sie kompetent sind oder nicht. Sich zurückzunehmen ist in der Politik nicht angebracht. Frauen sollten sich öfter - symbolisch und tatsächlich - in die erste Reihe setzen. Was mir auch klar wurde, ist, dass bei Frauen das Aussehen stärker unter die Lupe genommen wird als bei Männern. Spezielles Training für Frauen hilft sicherlich.
Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben?
Jungen Frauen empfehle ich, ein starkes Selbstbewusstsein zu entwickeln, sich mehr zuzutrauen, als einer Frau in der Regel zugetraut wird, und den Mut zu haben, sich Ziele zu stecken. Man kann sich ruhig unterstützen und begleiten lassen. Frau soll keine Mühe scheuen und zu einem vorläufigen Verzicht bereit sein, wenn es darum geht, beruflich voranzukommen. Ich denke, dass man als Frau den Beruf vor eine Partnerschaft stellen soll, sonst stehst du irgendwann ohne beides da. Keinesfalls soll eine Frau ihre Interessen auf einen Mann abstellen. Die eigene selbst bestimmte Persönlichkeit ist für Frauen ganz zentral! Frauen neigen dazu, rasch zugunsten der Wünsche des Mannes nachzugeben. Was Kinder betrifft, gibt es heute ja die Möglichkeit der bewussten Familienplanung. Diese sollten heterosexuelle Frauen auf jeden Fall nutzen, um nicht ungeplant in die berufliche Kinderfalle zu tappen. Es ist schon mit Planung schwierig genug, da es in Österreich immer noch zu wenige Kinderbetreuungsplätze gibt.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Kurzfristig möchte ich mich bei der Nationalratswahl bewähren und zu einem Stimmenzuwachs der Grünen beitragen. Es ist für mich auch vorstellbar, sollte es zu einer Regierungsbeteiligung der Grünen kommen, eine Regierungsfunktion zu übernehmen - wissend, dass dies mit einem massiven Einbruch an Lebensqualität verbunden ist. Als Sprecherin der Europäischen Grünen Partei (2006 bis 2009) werde ich noch mehr als bisher im Ausland unterwegs sein. Ziel dabei ist vor allem, die kleineren Grünen Parteien, v.a. in den neuen EU-Mitgliedsstaaten, bis zur Europawahl 2009 zu stärken. Diese Tätigkeit kommt meiner Freude am internationalen Arbeiten entgegen. Nach Beendigung meines politischen Engagements möchte ich gerne eine Zeitlang mit meiner Lebenspartnerin, die aus Peru stammt, in ihrer Heimat leben, dort an Projekten mitarbeiten und die indigene Sprache Quechua lernen.