Zur Karriere von Otto Nagl
Welche waren die wesentlichsten Stationen Ihrer Karriere?
Aufgewachsen als zweites Kind, gemeinsam mit meinen Schwestern Helga und Maria, lernte ich bereits in jungen Jahren zu sparen. Ich gab nie mehr Geld aus, als ich besaß, und ersparte mir so immer einen Teil des Taschengeldes. Das war wichtig für mein späteres Leben. Da Neuberg eine zweisprachige Gemeinde ist, wuchs auch ich zweisprachig mit Deutsch und Kroatisch auf. Nach fünf Jahren Volksschule wechselte ich auf Anregung eines Lehrers in die Hauptschule. Zu jener Zeit bedeutete eine Schulausbildung Luxus, und lernen durften wir, wenn Geld vorhanden war. Nach Abschluß der Hauptschule im Jahre 1961 begann ich die Ausbildung zum Agrar- und Vermessungstechniker beim Amt der Burgenländischen Landesregierung. Nach drei Jahren schloß ich meine Ausbildung ab. Im Juli 1964 trat ich in den Landesdienst ein, ein Bereich, der damals im Vergleich zur Privatwirtschaft nur mäßig bezahlt wurde. Ich mußte mich laut Vertrag für acht Jahre binden, blieb allerdings in diesem Beruf dem Land bis heute treu. Im Oktober 2006 blickte ich auf 45 Dienstjahre bei der Landesregierung zurück. Durch meinen Beruf als Agrar- und Vermessungstechniker wurde die Bevölkerung von Neuberg auf mich aufmerksam, und ich wurde gebeten in die Politik zu gehen. 1980 kam ich erstmals in den Gemeinderat, und 1982 wurde ich zum Bürgermeister gewählt. Dieses Amt bekleidete ich ab dieser Zeit bis einschließlich 31. Oktober 2006. Ich bin ein ausgesprochener Kommunal- und kein Parteipolitiker. In der Partei muß man sagen, was die Leute hören wollen, und da kommt es vor, daß man in Kittsee anders redet als hier in Neuberg oder in Kalch. Als Kommunalpolitiker kann und soll man die Wahrheit sagen, und so genieße ich hohe Glaubwürdigkeit in der Bevölkerung. Neuberg ist eine Arbeitergemeinde, und darum kommt die SPÖ auf etwa 100 Stimmen mehr bei allen anderen Wahlen, aber in der Gemeindepolitik selbst verfügt die ÖVP über eine absolute Mehrheit, bereits seit 56 Jahren. Das zeigt, daß hier die Persönlichkeit eine wesentlichere Rolle spielt als die Parteipolitik. Während meiner Amtszeit, die immerhin knapp fünf Perioden dauerte, habe ich sehr viel gemeinsam mit der Bevölkerung für die Gemeinde erreicht. Seit 1982 führen wir ständig eine Chronik (derzeit 39 Bände) über das Alltagsgeschehen und Projekte in der Gemeinde, die ich bezüglich der größten Baumaßnahmen in drei Büchern zusammenfaßte, um ein Vermächtnis zu hinterlassen. Außerdem hätte in einigen Jahren niemand mehr den Zusammenhang gefunden, da sich diese großen Projekte über Jahrzehnte erstreckten und in vielen Ordnern nur der jeweilige Ausbaustand des laufenden Jahres nachzulesen ist. Diese drei Bücher bedeuteten viel Arbeit, aber es bleibt etwas für die Zukunft. Wichtige Projekte seit 1982 waren die Kommassierung bzw. Grundzusammenlegung, die heute von allen begrüßt wird, die Kanalisation, der Hochwasserschutz und auch der Zusammenschluß mit der Ringwasserleitung. Zunächst Anfang der achtziger Jahre politisch seitens des Altlandesrates Wiesler geplant und gescheitert, wurde sie unpolitisch gemeinsam mit Ing. Peter Gortan vom Wasserbauamt der Burgenländischen Landesregierung in die Tat umgesetzt. Daß dies enorm wichtig war, bewiesen die Dürreperioden in den Jahren 1992 und 1993, wo es noch keine Ringwasserleitung gab. Acht Wochen Dürre bedeuteten Probleme mit der Trinkwasserversorgung und auch acht Wochen trockene Bäche (Feuerschutz!). Der Anschluß an die Ringwasserleitung erfolgte im Jahr 2001. Bereits 2000 verfaßte ich das erste von vier Büchern, nämlich das Buch über Neuberg, wo ich alle Häuser von Neuberg, Grundstücke usw. für die Ewigkeit festhielt. Für die Ewigkeit deshalb, weil aufgrund des Aufbaues des Buches (vom Sonnensystem über unsere Erde bis zur Grundstücksnummer) und der Beilage sämtlicher Pläne von Neuberg noch nach Jahrhunderten vermessungstechnisch ermittelt werden kann, wo ein Haus gestanden ist, obwohl es vielleicht schon lange nicht mehr steht und sich wegen einer eventuellen Neuvermessung nun ein ganz anderes Bild ergibt. Die Einführung von Straßenbezeichnungen stellte in diesem Jahr ebenfalls einen wichtigen Punkt dar. Die Gemeindebevölkerung wurde zur Gänze (438 Prüfbögen wurden für jedes Haus ausgegeben) miteingebunden und konnte jeweils Vorschläge einbringen, wie ihre Gasse oder Straße heißen soll. Die Beteiligung an der Befragung betrug 95,21%, wobei 93,29% mit dem Vorschlag der Gemeinde sofort einverstanden waren. Nach weiteren Gesprächen mit der Bevölkerung konnten noch weitere zehn Änderungswünsche berücksichtigt werden, somit gab es 95,58% Zustimmung. 18 Änderungswünsche konnten nicht berücksichtigt werden, da die Mehrheit in der Gasse anderer Meinung war bzw. man auf die alte Hausnummer beharrte. Per 31. Oktober 2006 setzte ich mich als Bürgermeister zur Ruhe, kurz vor meinem 60. Geburtstag. Die Gemeinderatswahlen 2007 bestreitet dann schon ein vom Gemeinderat gewählter Nachfolger. Als Agrar- und Vermessungstechniker werde ich noch zwei Jahre dem Land erhalten bleiben.