Zum Erfolg von Barbara Thornton
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Ich möchte es anhand eines Beispieles ausdrücken: Eine Patientin schrieb mir nach einer langwierigen Behandlung über sechs Monate einen Brief. Darin stand: Durch Ihre Zahnbehandlung bin ich ein anderer Mensch geworden. Ich gehe aufrechter, ich lache wieder, ich traue mich den Mund zu öffnen. Dafür danke ich Ihnen von ganzem Herzen. Das ist für mich Erfolg. Natürlich hat der Erfolg auch eine pekuniäre Seite. Es ist schon ein gutes Gefühl, wenn man sich, zumindest theoretisch, alle materiellen Wünsche erfüllen kann.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Ja, allerdings mit einer Ausnahme: Es kommt durchschnittlich zweimal pro Jahr vor, daß ich einen Patienten hinauswerfe, weil ich gar nicht mit ihm kann. Es gibt eben Menschen, wo die Chemie überhaupt nicht stimmt und wo man sich extrem unsympathisch ist - das wird jeder von sich selbst kennen. In diesen Momenten fühle ich mich gar nicht erfolgreich. Ich muß lernen, auch mit diesen Patienten zurechtzukommen.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Das Geheimnis meines Erfolges ist schlicht und ergreifend die Liebe zum Beruf und zu den Menschen. Ich nehme ehrlich Anteil am Leben und Schicksal der Patienten, das ist nicht aufgesetzt. Außerdem bin ich manuell extrem geschickt.
Ist es für Sie als Frau in der Wirtschaft schwieriger, erfolgreich zu sein?
Ganz allgemein ist es für jede Frau schwieriger, sobald sie Kinder bekommt. Das bedeutet in jedem Beruf fünf Schritte zurück auf der Karriereleiter. Ich glaube aber, daß Frauen für den Heilberuf prädestiniert sind. Sofern ich mich nicht ausschließlich über den Beruf definiere und mit einem bestimmten Quantum zufrieden bin, kann ich auch als Frau höchst erfolgreich sein.
Ist Originalität oder Imitation besser, um erfolgreich zu sein?
Ich kann nur für meine Berufssparte sprechen, aber wirklich erfolgreich sind nur jene Kollegen, die ihren ganz eigenen Weg, der auch zu ihnen paßt, finden und verfolgen.
Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat?
Dozent Dr. Werner Lill, mein Lehrer während der Facharztausbildung, prägte mich in fachlicher Hinsicht ganz entscheidend. Sein Verständnis von der Mechanik, die sich im Mund abspielt, und seine technische Kunstfertigkeit beeindruckten mich in höchstem Maße.
Welches Problem scheint Ihnen in Ihrer Branche als ungelöst?
In der Medizin ist unser Versicherungssystem unter aller Kritik, weil wir Defektheiler sind. Es wird gewartet, bis ein Mensch kaputt ist, und wir bekommen Geld dafür, daß wir ihn reparieren. In China achtet der Arzt darauf, daß der Mensch gesund bleibt und bekommt dafür sein Geld.
Welche Rolle spielen die Mitarbeiter bei Ihrem Erfolg?
Meine Assistentinnen sind wahnsinnig wichtig für den Erfolg der Praxis. Wesentlich dabei ist auch hier die Auseinandersetzung mit dem Patienten als Mensch. 90 Prozent meiner Patienten haben niemanden, mit dem sie ihre privaten Sorgen teilen können. Dieses Problem wird in unserer Gesellschaft immer größer.
Welche sind die Stärken Ihres Unternehmens?
Die Stärke meiner Praxis liegt in der Menschlichkeit. Wenn wir fragen: Wie geht es Ihnen? ist das keine Floskel, sondern wir sind an den Patienten als Menschen interessiert. Wir hören ihnen wirklich zu. Neben einer sehr guten zahnärztlichen Behandlung bieten wir also auch Psychohygiene. Wie verhalten Sie sich der Konkurrenz gegenüber? Bei der Angelobung in der Ärztekammer sagte ein alter Kollege: Vernadert nie die Arbeit eines Konkurrenten, weil ihr wißt nie, ob ihr es besser machen könntet. Daran halte ich mich.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
In früheren Jahren hat das Privatleben sehr unter meinem beruflichen Engagement gelitten. Dank der Unterstützung meiner Mutter, die sich wunderbar um meinen Sohn kümmerte, bewältigte ich auch diese schwierige Phase. Heute kann ich mir die Zeit wesentlich besser einteilen, auch weil meine Ordination am Freitag geschlossen ist.
Wieviel Zeit verwenden Sie für Ihre Fortbildung?
Ich wende durchschnittlich zwei Wochen pro Jahr für Seminare, Fachtagungen und Kongresse auf. Es gibt auf meinem Gebiet ein riesiges Fortbildungsangebot und ich wähle sehr genau aus, welche Veranstaltungen ich besuche.
Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben?
Ich möchte explizit den Frauen einen Rat geben: Nützt eure Chancen, sie waren nie so hoch wie heute. Der jungen Generation ganz allgemein empfehle ich, nur einen Beruf zu wählen, der auch wirklich Spaß macht.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Ich hoffe, daß ich meinen Beruf noch 20 Jahre ausüben kann. In dieser Zeit möchte ich möglichst viele Menschen glücklich machen. Im privaten Bereich möchte ich aus meinem Sohn einen Mensch machen, der allein zurecht kommt.
Ihr Lebensmotto?
Carpe diem - nütze den Tag.