Zum Erfolg von Ljiljana Grab-Tomas
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Ich bin heute Prokuristin und Abteilungsleiterin in einem traditionsreichen Unternehmen. Mir wurde diese Position angeboten, obwohl ich eigentlich nicht damit gerechnet hatte. Dieses Vertrauen freut mich und bedeutet für mich persönlich Anerkennung und Erfolg. Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg? Ich bin ein ehrlicher, offener und sehr loyaler Mensch. Das ist mein Charakter, und offenbar haben das auch meine Vorgesetzten so erkannt. Ist es für Sie als Frau in der Wirtschaft schwieriger, erfolgreich zu sein? Ich fühlte mich als Frau noch nie benachteiligt. Wenn Frauen gleichberechtigt sein wollen, müssen sie auch genauso hart arbeiten und Einsatz zeigen. Manchmal bewerben sich Technikerinnen bei uns und bekommen eine Chance, aber sobald ihnen irgend etwas nicht paßt, reden sie sich auf ihr Frausein aus. Das verstehe ich nicht. Jeder kann erfolgreich sein, wenn er Leistung bringt, egal ob Mann oder Frau. Ist Originalität oder Imitation besser, um erfolgreich zu sein? Einen anderen Menschen zu kopieren ist sicher kein Erfolgsrezept. Jeder muß seinen eigenen Weg finden und gehen. Wir sind Individuen mit eigenen Meinungen, unterschiedlichen Stärken und Schwächen. Man muß zu seiner Persönlichkeit stehen. Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat? Ich konnte von den meisten Menschen, die mir im Laufe des Lebens begegneten, irgend etwas lernen - ob in der Familie, in der Schule oder im Beruf.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Ich habe einen sehr verständnisvollen Ehemann. Er beschwert sich nicht, daß ich selten zu Hause oder abends manchmal länger im Büro bin. Im Gegenteil - er unterstützt mich sogar im Haushalt, wenn es notwendig ist. Das ist eine schöne Anerkennung. Nach welchen Kriterien wählen Sie Mitarbeiter aus? Die fachliche Eignung vorausgesetzt, interessieren mich der Lebenslauf und auch das private Umfeld. Ich möchte mir ein möglichst umfassendes Bild von dieser Person machen. In der Firma herrschte lange Zeit die Philosophie, vorwiegend junge Leute einzustellen, weil sie billiger sind. Viele verließen aber das Unternehmen wieder, nachdem sie eingeschult waren, oder sie waren insgesamt zu unzuverlässig und unreif. Ich konnte durchsetzen, daß das Alter kein Entscheidungskriterium mehr ist.
Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?
Jeder Dienstnehmer muß bei uns relativ selbständig arbeiten. Diese Eigenverantwortung ist für viele eine große Motivation. Ich lege auch sehr viel Wert auf die Kommunikation der Mitarbeiter untereinander. Sie müssen verstehen, daß sie ihr Bestes geben müssen, damit es der Firma und damit jedem einzelnen gut geht. Ein sicherer Arbeitsplatz ist ja heute keine Selbstverständlichkeit. Außerdem gehen wir ab und zu miteinander essen, und zu Weihnachten bekommt jeder ein ganz persönliches Geschenk.
Wie werden Sie von Ihren Mitarbeitern gesehen?
Ich sehe mich weniger als Chefin, eher als Arbeitskollegin. Trotzdem bin ich streng, und wenn ich etwas sage, dann ist das so. Ich mag keine langen Diskussionen. Ist etwas falsch gelaufen, muß es geändert werden. Darum bin ich vielleicht nicht ganz so beliebt, aber die Mitarbeiter müssen meine Einstellung akzeptieren. Wie verhalten Sie sich der Konkurrenz gegenüber? Der Markt ist so groß, daß jede Firma in dieser Branche genug zu tun hat.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Das geht bei uns komischerweise recht leicht. Auch mein Mann ist ein Arbeitstier, und unser Sohn kennt uns gar nicht anders. Am Freitag kümmern wir uns nach der Arbeit gemeinsam um den Wohnungsputz, und das Wochenende gehört dann der Familie, den Freunden und den Hobbies. Wieviel Zeit verwenden Sie für Ihre Fortbildung? Ich bilde mich ständig weiter und besuche regelmäßig Fortbildungskurse. Gerade im Bereich Steuern und Finanzen gibt es ja laufend Änderungen und Neuerungen. Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben? An der heutigen Generation mißfällt mir die zunehmende Oberflächlichkeit. Bücher werden kaum noch gelesen, sondern lieber eine Kurzfassung im Internet überflogen oder ein Film angeschaut. Um auf längere Sicht erfolgreich zu werden, rate ich, jede Aufgabe gewissenhaft und genau zu erledigen und sich intensiv damit zu beschäftigen.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Ich möchte mir in Zukunft etwas mehr Zeit für mich selbst nehmen. Ich habe auch begonnen, eine Art Autobiographie über mein Leben zu schreiben, damit mein Sohn vielleicht eines Tages versteht, wer seine Mutter war.