Zum Erfolg von Werner Bogendorfer
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Der Erfolg hat viele Dimensionen, und es gibt viele Systeme, um geschäftlichen Erfolg zu messen. Ich glaube aber, daß Erfolg sich nicht über Zahlen, Daten und Fakten definieren sollte. Erfolg ist ein Zustand, den man anstrebt und den jeder individuelle wahrnimmt. Für mich ist der schönste Erfolg, wenn ich in bestimmte Bemühungen viel Kraft und Engagement investiere und das Ergebnis von den Betroffenen und Beteiligten in einer ehrlichen Reflexion positiv gewürdigt wird.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Ich hatte in diesem Haus immer Freunde, die dafür sorgten, daß man mir auf Beamtenebene nicht das Rückgrat bricht, sondern daß ich mir gewisse individuelle Freiheiten beibehalten durfte. Ich hatte das Glück, ein Netzwerk zu haben, das mich auch in stürmischen Zeiten unterstützte. Diese Menschen hielten die schützende Hand über mich, wenn ich es brauchte, sie ließen mich aber auch los, wenn es notwendig war. Der wesentliche Faktor ist aber, daß ich in allem was ich tue, versuche authentisch zu bleiben. Was ich an Positivem sehe, transportiere und besetze ich positiv. In der Mittelschule durfte ich an dem umstrittenen Versuch integrative Gesamtschule teilnehmen - in diesen vier Jahren kam ich mit sehr vielen unterschiedlichen Bevölkerungsschichten zusammen und lernte dadurch, mit ganz verschiedenen Menschen zu kommunizieren. Auch das war für meine spätere Tätigkeit und den Erfolg eine gute Voraussetzung.
Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat?
Der damalige Zentralsekretär und Vorsitzende der Eisenbahnergewerkschaft, Gerhard Novak, war der Meinung, daß ich Direktor werden sollte. Natürlich mit der Zielvorgabe, Restrukturierungen herbeizuführen. Er sagte zu mir: Wenn du erst in dieser Position bist, werden dir viele auf die Schulter klopfen und dich loben. Und du bist ein Dummkopf, wenn du das glaubst. Er ist aber nur ein Beispiel für eine prägende Persönlichkeit, denn jeder Mensch hat Vorzüge, aus denen man lernen und die man in seinen persönlichen Stil integrieren kann.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Natürlich war meine Bestellung zum Direktor eine ehrenvolle Sache und ein schöner Karrieresprung. Ich sehe aber immer die damit verbundene Verantwortung und weniger die Position.
Welche Rolle spielen die Mitarbeiter bei Ihrem Erfolg?
Wie gut oder wie schlecht ich bin, entscheidet die Arbeit meiner Mitarbeiter. Ich bin nur der, der zufällig vorne steht.
Nach welchen Kriterien wählen Sie Mitarbeiter aus?
Wir arbeiten bei der Auswahl der Schlüsselpositionen mit einer externen Firma zusammen. Da gibt es Hearings, es wird ein Persönlichkeitsprofil angelegt, Stärken und Schwächen werden erhoben, und nach einem weiteren, rund einstündigen Gespräch treffen wir eine gemeinsame Entscheidung. Stehen drei gleich starke Bewerber mit ähnlich guter Qualifikation zur Wahl, wird im Endeffekt die Sympathie entscheiden.
Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?
Ich schicke die Mitarbeiter eigenverantwortlich in große Projekte, gebe ihnen Freiheiten und stehe zu ihren Entscheidungen, auch zu den Fehlentscheidungen. Durch Delegieren und Übertragen von Verantwortung zeigt man den Mitarbeitern, daß man ihnen vertraut. Und ich versuche, durch Beispielgebung zu motivieren. Die Mitarbeiter sollten bei einem Vorgesetzten sehen, daß er dort hingeht, wo sonst keiner hingeht, und daß keiner härter arbeitet als er selbst.
Wie werden Sie von Ihren Mitarbeitern gesehen?
Ich bin zwar Direktor, aber ich versuche diese Funktion so zu leben, daß man es nicht merkt. Ich rücke meine Position nicht in den Vordergrund, sondern stelle sie in den Dienst der Sache.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Das ist natürlich ein gewisses Problem, weil mich mein Beruf sehr vereinnahmt und punktuell nicht aufhört. Ich muß immer up to date sein, daher arbeite ich auch viel zu Hause. Bei mir gibt es kein heiliges Wochenende oder ähnliches. Meine Frau fordert zu Recht mehr Zeit für sich und die Familie ein, was aber aufgrund der Vielfältigkeit meiner Aufgaben nicht immer möglich ist. Wenn es notwendig ist, rücke ich die Familie aber sehr wohl in den Vordergrund und leiste auch meinen Beitrag.
Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben?
Man sollte sich seine eigene Meinung bilden und im Kopf frei und flexibel bleiben. In großen Dienstleistungsunternehmen wie bei uns ist auch ein gerüttelt Maß an Selbstmotivation notwendig. Durch Lernbereitschaft und Weiterbildung kann man enorm zum Nutzen eines Unternehmens beitragen, was früher oder später zwangsläufig anerkannt wird. Das Wichtigste aber ist, niemals den Humor zu verlieren.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Ich erlebe gerade die beste Zeit meines Lebens - und diesen Zustand möchte ich möglichst lange prolongieren.
Ihr Lebensmotto?
Es ist nicht immer ein Zeichen von Intelligenz, wenn man sein Herz auf der Zunge trägt.