Zum Erfolg von Haya Molcho
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Erfolg bedeutet für mich, glücklich zu sein.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Ich genieße ein sehr schönes Leben, ruhe in mir und verspüre große Zufriedenheit.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Meine wesentlichen Stärken sind sicher Flexibilität, Spontaneität und große Liebe zu den Menschen. Ich bin sehr leidenschaftlich. Dankbar bin ich für meine multikulturelle Erziehung und die vielen Erfahrungen, die ich auf zahlreichen Reisen in die verschiedensten Länder der Welt sammeln durfte. Wertvolles Wissen über Körpersprache und Ausdruck konnte ich von meinem Mann lernen. Meine Kinder zu erziehen war einige Jahre bewußt ein wesentlicher Bestandteil meiner Karriere. Einmal jährlich brauche ich zwei Wochen Auszeit, um in mich zu gehen und zu meiner inneren Ruhe zu finden. Ebenso wichtig war für meinen Erfolg die Erkenntnis, daß ich nicht immer alles alleine schaffen kann. Ich darf auch auf andere bauen, weil ich nicht in allen Bereichen gleich gut bin. Im Netzwerk zu arbeiten betrachte ich als große Bereicherung.
Wie begegnen Sie Herausforderungen des beruflichen Alltags?
Lösungen finden sich immer. Tewa ist ein Familienbetrieb - zwei meiner Söhne arbeiten mit mir zusammen, und ich lasse mich vor Entscheidungen gerne von ihnen beraten. Sie kennen sich beispielsweise bei Trends für ganz junge Leute besser aus als ich. Machen meine Söhne Fehler, dann weiß ich, daß es wichtig ist, sie diese Erfahrung machen zu lassen, damit sie daraus lernen.
Ist es für Sie als Frau in der Wirtschaft schwieriger, erfolgreich zu sein?
Was zählt, ist das, woran ich als Frau glaube. Wenn ich an eine Sache ganz fest glaube, kann der Rest der Welt entgegnen, was er will - niemand wird wirklich gegen mich ankommen. Was mir also genügt, ist eine positive innere Einstellung zu einer bestimmten Sache. Haben andere ein Problem mit mir als Frau, und das erlebe ich durchaus als einzige Gastwirtin am Wiener Naschmarkt, kämpfe ich nicht gegen dieses Problem an. Ich höre zunächst einfach zu und versuche als nächstes meine Meinung einzubringen. Das Prinzip Verstehen ist meiner Erfahrung nach wertvoller als langes Diskutieren um den heißen Brei.
Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat?
Ich war in den sechziger Jahren jung und hatte keine nennenswerten Vorbilder, sondern lebte diese Zeit einfach. Samy, mein Mann, war kein Vorbild, sondern in gewisser Weise Vater.
Welche Rolle spielen die Mitarbeiter bei Ihrem Erfolg?
Ich arbeite mit Menschen aus sechs verschiedenen Nationen zusammen. Im Service sind Studenten beschäftigt, junge, unbedarfte, natürlich charmante Menschen, die auch einmal kleine Fehler machen (dürfen). So halten es die Israelis: Studenten helfen im Restaurant aus, um erste Erfahrungen im Umgang mit Menschen zu machen. Mein Team und ich halten einmal in der Woche ein Meeting ab, um uns auszutauschen. Es gibt immer wieder das eine oder andere Problem, aber es gibt immer auch Lösungen.
Nach welchen Kriterien wählen Sie Mitarbeiter aus?
Ich weiß den Willen, die Leidenschaft und Freundlichkeit von Mitarbeitern sehr zu schätzen.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Wenn ich zuhause bin, dann voll und ganz. Ebenso bin ich mit allen Sinnen im Tewa. Derzeit bleibt wenig Zeit für Privates. Mein Mann ist sehr tolerant und versteht, daß ich mich mit meinem Restaurant in der Startphase befinde. Freunde besuchen mich nun nicht mehr in meinem Wohnzimmer bei mir zuhause, sondern in meinem Lokal. Daß zwei meiner Söhne heute gerne mit mir zusammenarbeiten, sagt viel über meine Form der Erziehung aus. Wenn eine Mutter, die jahrelang voll für das Wohl ihrer Kinder da war, zu arbeiten beginnt, lockert sich die Abhängigkeit der Mutter von den Kindern - und umgekehrt können dann auch die Kinder leichter loslassen.
Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben?
Wir brauchen nicht nur Mut zum Erfolg, sondern auch Mut zum Scheitern beziehungsweise Versagen. Neue Dinge auszuprobieren gehört zu einem aktiv gestalteten Leben. Das erfuhr ich gerade am eigenen Leibe, als ich mich - ohne lange nachzudenken - entschloß, mein Gastronomieprojekt umzusetzen. Ich nehme Angst vor dem Versagen gar nicht in meine Gedankenwelt auf. Wie sich junge Menschen im Leben verhalten, hängt sicher in hohem Maße davon ab, wie sie von ihren Eltern erzogen wurden, ob und inwieweit sie frei mitdenken konnten. Mein Mann und ich haben als Eltern die Individualität unserer vier Kinder stark wahrgenommen. Uns war das Glück der Kinder das Wichtigste. Dazu gehörte, daß sich unsere Kinder ihre Ausbildung selbst aussuchen konnten. Wichtig war für uns, daß sie nach dem Ende ihrer Ausbildung ein Jahr mit dem Rucksack unterwegs waren. Eine internationale Schulbildung hilft jungen Menschen, ohne Vorurteile gegenüber Menschen aus anderen Kulturkreisen aufzutreten.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Das Restaurant Tewa ist ein sehr junges Unternehmen. Ich wünsche mir, weiterhin erfolgreich zu sein, und würde mich freuen, wenn meine Kinder es später weiterführen möchten.