Zum Erfolg von Martin Treberspurg
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Für den Erfolg des Architekten bedarf es viel Optimismus. Jedes Projekt braucht seine Zeit und dabei gibt es immer zahlreiche Probleme bis zur Fertigstellung. Es bedarf fachlicher Kompetenz, Ausdauer und eisernen Willen um ein Projekt durchzuziehen. Erfolg stellt sich dann ein, wenn die Bewohner mit dem Objekt zufrieden sind und es auch ästhetisch gut aussieht. Diesbezüglich führen wir sozialwissenschaftliche Bewohnerbefragungen durch, um den Grad der Zufriedenheit festzustellen. Diesen Erfolg erreicht man nicht alleine, sondern nur mit einem dementsprechenden Mitarbeiterteam, welches meine Architektur-Philosophie auch technisch implementiert. Seinerzeit begann ich mit der Planung von Einfamilienhäusern, welche im Laufe der Jahre immer mehr durch die Planung von Wohnhausanlagen in den Hintergrund gedrängt wurden. Dabei konnte ich sehr viele Erfahrungen sammeln und dieses Erfahrungspotential ist ein sehr wertvolles Gut. Zusammengefasst bedeutet Erfolg, Projekte mit maximaler Nutzungs- und Wohnqualität, aber mit minimaler Umweltbelastung zu realisieren. Zurzeit befindet sich unsere gesamte Wirtschaft in einer Umstellungsphase, nämlich von fossiler auf erneuerbare Energie, was eine enorme Herausforderung, auch für die Bauplanung, darstellt. Einen weiteren Aspekt des Erfolges sehe ich darin, Veränderungen herbeizuführen, wobei ich davon überzeugt bin, dass ich durch meine Lehrtätigkeit mehr verändern kann, als durch das Bauen.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Nicht immer! Man gilt im Allgemeinen als erfolgreich, wenn man den Terminplan einhält und mit dem geplanten Budget auskommt. Wenn dies gelingt, sind alle begeistert. Wenn aber dann dieses Projekt nicht gefällt und die Bewohner unzufrieden sind, dann ist es meiner Meinung nach kein Erfolg, schnell und billig gebaut zu haben.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Ausschlaggebend für meinen Erfolg sind mein Durchhaltevermögen und die ethische Überzeugung, das Richtige zu tun. Unabdingbar sind außerdem eine gewisse Leidenschaft zur Selbstausbeutung und nicht zuletzt zeitweise die Freude an meinem Beruf.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Es ist sicherlich eine Auszeichnung wenn ein anerkannter Architekturredakteur eine tolle Kritik schreibt und diese auf der Titelseite einer Fachzeitschrift veröffentlicht wird. Eine andere Art der Anerkennung sehe ich darin, wenn sich die Bewohner wohlfühlen.
Ab wann empfanden Sie sich als erfolgreich?
Ich fühle mich nicht dauernd erfolgreich, den Erfolg machen viele kleine Bausteine aus. Erfolgserlebnisse waren natürlich der UIA-Preis 1999 (Union Internationale des Architectes), eine meiner Arbeit gewidmeten Ausstellung im Künstlerhaus 2003, ein weiteres die Berufung der Professur für Ressourcenorientiertes Bauen an der Universität für Bodenkultur 2004.
Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat?
Prägende Persönlichkeiten auf meinem beruflichen Lebensweg waren die Architekten Prof. Schweighofer, Prof. Gsteu, Architekt Silberkuhl und Prof. Puchhammer.
Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?
Ich versuche mein Mitarbeiterteam von meiner Architektur-Philosophie zu überzeugen, d.h. den zukunftsorientierten Weg weiterzugehen und biete jedem einzelnen Mitarbeiter die Möglichkeit, dieselbe architektonische und ökologische Überzeugung zu verwirklichen.
Nach welchen Kriterien wählen Sie Mitarbeiter aus?
Ich arbeite in meinem Büro mit drei Partnern zusammen, die meine ethische Grundhaltung teilen. Neben fachlicher Kompetenz zählt für mich eine gewisse emotionale Übereinstimmung, die für mich sehr wichtig ist, weil ich mir nicht vorstellen kann, mit jemandem zusammenzuarbeiten, wenn die sprichwörtliche Chemie nicht stimmt.
Wie verhalten Sie sich dem Mitbewerb gegenüber?
In unserem Metier gibt es sehr viele Mitbewerber. Unabhängig des Konkurrenzdenkens ist man sich darin einig, dass es nur gute Architektur geben kann. Zu den Aufträgen kommt man zum Großteil durch Wettbewerbe. Leider kommt es öfters vor, dass man einen Wettbewerb gewonnen hat, jedoch kein Auftrag erteilt wird, weil der öffentlichen Hand die finanziellen Mittel fehlen.
Welche sind die Stärken Ihres Unternehmens?
Ästhetik, Lebensqualität und Nachhaltigkeit zeichnen unsere Projekte aus. Seit fast dreißig Jahren zählt unser Unternehmen weit über die Grenzen Österreichs hinaus zu den innovativsten Vertretern nachhaltiger Bauweise. Weitere Schwerpunkte bilden die thermische Sanierung und Restaurierung historischer Gebäude sowie die städtebauliche Planung nach solarenergetischen Gesichtspunkten.
Ich darf einige Projekte nennen: 1. Sanierung und Restaurierung: Otto Wagner Kirche in Wien. Sie zählt zu den wichtigsten Bauwerken des Wiener Jugendstils. Nach wissenschaftlichen Voruntersuchungen wurde das Bauwerk in fünfjähriger Arbeit saniert und restauriert. 2. Wohnbau: Die Wohnhausanlage in der Roschègasse in Wien. Mit 114 Wohnungen im Südosten von Wien war es lange Zeit das größte Passivhaus der Welt. Bewohnerbefragungen belegen erstklassigen Wohnkomfort aufgrund der Passivhaus-Technologie. 3. Städtebau: Die Wohnhausanlage Osramgründe in Wien bildet mit 514 Wohnungen ein Beispiel für solaren Städtebau. Durch die Abschirmung der hohen L-förmigen Baukörperstruktur gegen die kalten Nordwest-Winde entsteht ein geschützter Hofbereich mit einem idealen Kleinklima. Weiters die solarCity bei Linz-Pichling ist ein Vorzeigeprojekt für zukunftsweisende Stadtentwicklung. Die radialkonzentrisch angelegte Stadtstruktur bildet den Lebensraum für 3000 Einwohner. 4. Bildungsbau: Das evangelische Gymnasium für 600 Schüler ist um eine zentrale multifunktionale Erschließungshalle angeordnet. Das pädagogische Konzept der Schule beinhaltet Projekte zu Generationenbeziehungen. Über dem Schulgebäude liegt ein Trakt für betreutes Wohnen von Seniorinnen. 5. Forschung: Das Schiestlhaus am Hochschwab ist eine alpine Schutzhütte auf über 2150 m Seehöhe. Als international einzigartiges Leitprojekt des solaren Bauens und der Passivhaus-Technologie ist dieses Gebäude nahezu energieautark und seit 2005 in Betrieb. Der Schwerpunkt meiner Arbeitsgruppe Ressourcenorientiertes Bauen an der BOKU Wien liegt einerseits in der Forschung und in der Vielzahl von Lehrveranstaltungen. Die Forschungsgebiete: Ganzheitliche Bewertung und Zertifizierung von Bauteilen; Gebäudeenergiebedarf; Passivhaustechnologien; Gebäude-Monitoring und ideales Innenklima; Ausbildungsprogramm Entwicklung und Kleinklima für städtische Bereich. Die Lehrveranstaltungen: Hochbau und Bauphysik, Ökologische und ökonomische Belange im Bauwesen, Ressourcenorientiertes Bauen, Technisches Planzeichnen mit CAD. Unsere Lehrveranstaltungen werden auf solares Bauen und Passivhaus-Architektur fokussiert und sind von Architektur- und Bauingenieurwesenstudentinnen besucht. Jedes Semester werden Besuche zu innovativen Projekten in Wien und Umgebung als Teil der Lehrveranstaltungen organisiert. Regelmäßig werden Gastvorträge an der TU Wien, an der FH Wien, und an der slowakischen Technischen Universität in Bratislava abgehalten.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Die Familie hat für mich eindeutig Priorität und gibt mir viel Kraft um die beruflichen Herausforderungen in Angriff nehmen zu können. Weiters teilt sie auch viele meiner Interessen. Meine Freizeit verbringe ich gerne mit meinen Enkelkindern, wobei diese Zeit eine Art Erholung vom beruflichen Alltag darstellt.
Wie viel Zeit verwenden Sie für Ihre Fortbildung?
Wenn man das Ziel verfolgt, in diesem Fach an der Spitze zu sein, stellt die Fortbildung einen permanenten Prozess dar.
Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben?
Für dieses Berufsbild sollte man räumliches Vorstellungsvermögen und Leidensfähigkeit mitbringen. Letzteres deshalb, weil die wirtschaftliche Zukunft für unseren Job nicht gerade optimal ist. Das Architekturstudium ist zurzeit überlaufen. Wenn man sich selbst nicht sicher ist, ob man dieses Studium in Angriff nehmen möchte, sollte man davon Abstand nehmen. Bevor man einen Wettbewerb gewinnt, kann es viele Leidensjahre dauern; Spaß und Begeisterung sind zwar gut, aber man muss eine lange Zeit durchhalten können, bevor es entsprechendes Einkommen gibt. Wenn man sich trotzdem dafür entschließt diesen Beruf zu ergreifen, sollte man sein Augenmerk auf eine nachhaltige und zukunftsorientierte Handlungsweise richten.
Ihr Lebensmotto?
Kraft, Ruhe, Gelassenheit und Liebe.