Zum Erfolg von Peter Husslein
Was bedeutet für Sie Erfolg? Innere Ausgeglichenheit und Zufriedenheit, aristotelische Gelassenheit, Eifer, aber nicht Übereifer. Mir ist wichtig, in meiner Aufgabe - sowohl an der Universität als auch in meiner ärztlichen Tätigkeit in der Ordination - etwas Positives zu schaffen. Naturgemäß freut man sich über Anerkennung, der innere Wert der Leistung ist mir aber wesentlich wichtiger als die öffentliche Akklamation. Es ist in der heutigen Zeit zweifelsohne wichtig, klare Wert- und Zielvorstellungen zu haben, was durch eine gefestigte Persönlichkeit erleichtert wird. Man muß sich einerseits treu bleiben und doch ein gewisses Maß an Flexibilität in Bezug auf das Umfeld aufweisen können. Es ist durchaus angebracht, sich seiner Leistungen und seiner Position bewußt zu sein, aber auch wieder im richtigen Maß. Überheblichkeit und Minderwertigkeitsgefühle sind zwei ganz gefährliche Extreme. Es ist auch wichtig, ein realistisches Bild von seinen eigenen Stärken, aber auch Schwächen zu haben und somit auch selbstkritisch zu sein. Wenn ich z.B. Kritik von meinen Kindern oder von meinen Mitarbeitern ernte, die berechtigt ist, bin ich jederzeit bereit, meine Meinung zu überdenken und durchaus auch eine Änderung in meiner Handlungsweise daraus abzuleiten.
Was ist bei den verschiedenen Bereichen, die Sie ausüben, das Wichtigste? Als Arzt ist es mir wichtig, die Patientin als Ganzes zu sehen. Die Medizin tendiert heute zu Subspezialisierungen - eine Entwicklung, die unabdingbar notwendig ist, um die Qualität zu verbessern, die aber auch Gefahren in sich birgt. Patientinnen - in der Geburtshilfe Schwangere - müssen als Partner gesehen werden, mit denen man gemeinsam Entscheidungen trifft. Wir stellen dazu unsere medizinische Expertise zur Verfügung, die Patientin bewertet diese nach ihren eigenen Lebensprioritäten. Nur in einem solchen Dialog kann eine optimal auf die Einzelsituation zugeschnittene, gemeinsam getragene Entscheidung gefällt werden. Die Forschungskoordination an einer großen Universitätsklinik, wie jener im Rahmen der Medizinischen Universität Wien, erfordert viel administrativen Aufwand, um den verschiedenen Arbeitsgebieten den ihnen zustehenden Ressourcenanteil zukommen zu lassen. Derzeit besteht die Gefahr, daß die aufwendige klinische Forschung ein wenig ins Hintertreffen gerät, insbesondere die, die nicht von der pharmazeutischen Industrie unterstützt wird. Immer klarer wird es, daß Mitarbeiter einer großen Universitätsklinik nicht in allen drei Bereichen des Triple-Track tätig sein können. In Zukunft wird es notwendig sein, die Leute stärker nach ihren Interessen einzusetzen; der eine wird sich mehr der Forschung, der andere der Lehre und der Dritte der Patientenbetreuung widmen. Die Evaluierung der jeweiligen Tätigkeit spielt jetzt schon eine wichtige Rolle, die aber in Zukunft noch zunehmen wird.
Welche Rolle spielt für Sie die Familie? Mir ist bewußt, daß eine Frau heutzutage ihr Recht auf einen eigenen Lebensbereich hat und nicht wie früher dem Mann nachlebt. Biologisch ist eine Frau durch die Reproduktion (Kinder) und die Karriere viel stärker belastet als der Mann, noch dazu, wo die beste Zeit für beide Bereiche zusammenfällt. Diesem Umstand müssen wir im Einzelfall innerhalb der Familie, aber auch in der Gesellschaft verstärkt Rechnung tragen. Das Zusammenleben in der Familie kann man sich durch zwei Kreise vorstellen, die einen gemeinsamen Teil haben, sollen und müssen. Diese gemeinsame Fläche muß laufend gepflegt werden, um ein glückliches Familienleben zu führen. Für mich sind meine Kinder und die Zeit, die ich mit ihnen verbringen konnte und kann, ein ganz zentraler Teil meines Lebens. Eine kreative Gestaltung der Freizeit ist mir außerordentlich wichtig, und ich versuche, diese Haltung auch im Rahmen meiner Leitungsfunktion der Frauenklinik einfließen zu lassen. Nur zufriedene MitarbeiterInnen können letztlich auch kreativ und in der Arbeit produktiv sein.
Woraus schöpfen Sie Ihre Kraft?
Aus meiner Zufriedenheit. Wenn ich meine Ziele zu 90 Prozent erreicht habe, denke ich nicht an die zehn Prozent, die noch offen bleiben. Meine Kraft schöpfe ich auch aus einer gesunden Lebensweise, Sport und intellektueller Anregung.
Ihre Lebensphilosophie? Maßvoll zu leben mit einer gewissen Demut und Dankbarkeit.