Zum Erfolg von Rudolf Spiel
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Beruflicher Erfolg bedeutet für mich Achtung und Anerkennung bei den Geschäftspartnern und Berufskollegen und hat nichts mit einem dicken Konto zu tun. Beispielsweise schließe ich mich für Wettbewerbe mit Architekten zusammen, um statisch und konstruktiv zu verwirklichen, was ein anderer sich ausgedacht hat. Es erfüllt mich mit Stolz und Glücksgefühl, wenn es mir gelingt, das jeweilige Projekt dann tatsächlich zu bauen und hin und wieder einen Wettbewerb zu gewinnen.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Ich sehe mich heute bedingt als erfolgreich, weil ich beruflich einiges erreichen und auch den Einbruch durch den Maculan-Konkurs bewältigen konnte – ohne den ich aber sicher erfolgreicher sein könnte. In privater Hinsicht hätte ich mich vielleicht mehr auf mich selbst besinnen können, ich bin aber auch in diesem Bereich nicht unzufrieden, weil ich daran arbeite, mit meiner Zeit wieder mehr anzufangen und mich auf kulturelle Aktivitäten, etc. konzentrieren möchte.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Ich bin in Wahrheit ein schlechter Organisator, sehe diese Tatsache aber nicht nur als Schwäche, sondern in vielerlei Hinsicht als Stärke: da ich das Büro nicht vollkommen durchorganisiert habe, haben die Mitarbeiter völlige Freiheit, was die Gestaltung ihrer Arbeit betrifft. Ich bin spontan und flexibel und denke, daß dieses Gegenteil von Starrheit langfristigen Erfolg zuläßt. Meine Zuverlässigkeit und „Handschlagqualität“ lassen das Faktum zu, daß ich bei vielen Projekten keinen schriftlichen Auftrag erhalte – ich erledige manche Dinge, bevor das Auftragsschreiben überhaupt eintrifft und habe damit noch keine schlechten Erfahrungen gemacht. Wesentlich für meinen Erfolg ist meine fachliche Kompetenz; ich besuchte nicht nur eine sehr gute Schule, sondern war bei meinem ehemaligen Professor tätig, der als Arbeitgeber auch weiterhin Lehrer für mich war; von diesem Arbeitsverhältnis konnte ich auch im menschlichen Bereich in hohem Ausmaß profitieren. Von ihm lernte ich auch, mein Wissen selbst an andere weiterzugeben – daraus ergeben sich nicht selten Kundenbeziehungen: wenn ich jemandem bei der Vorbereitung für die Baumeisterprüfung helfe, ruft er mich oft noch Jahre später an und erteilt mir einen Auftrag.
Wie begegnen Sie Herausforderungen des beruflichen Alltags?
Ich bin – und das ist vielleicht ebenfalls nicht gerade eine meiner Stärken – kein großer „Problemlöser“, sondern jemand, der darauf wartet, daß sich Probleme von selbst lösen. Ich höre mir gern andere Meinungen an, treffe Entscheidungen aber letztlich allein, weil ich schließlich die Verantwortung dafür übernehmen muß.
Welche sind die Stärken Ihres Unternehmens?
Wir zeichnen uns durch unsere Flexibilität und permanente Erreichbarkeit aus und haben gegenüber großen Büros den Vorteil, immer vor Ort sein zu können, wenn wir gebraucht werden. Aufgrund der Struktur des Betriebes muß ein Mitarbeiter nicht erst grünes Licht von mir als Vorgesetzten abwarten, er kann selbst und daher rasch entscheiden und somit beispielsweise sofort zu einer Baustelle fahren, wenn man dort seinen Rat braucht. Generell pflegen wir sehr private Kontakte zu unseren Kunden.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Ich trenne die beiden Bereiche nicht, muß in diesem Zusammenhang aber zugeben, daß mein Privatleben leidet, weil mir mein Beruf immer wichtiger war. Ich weiß, daß ich ein wenig konsequenter darangehen müßte, Freizeit und Arbeit zu trennen, es gelingt mir aber dennoch sehr gut, abzuschalten und nur für mich zu sein – zwischendurch, am Wochenende, oder auch im Urlaub.
Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben?
In dieser Branche würde ich jedem jungen Menschen empfehlen, sich nicht nur auf die Technik zu konzentrieren, sondern auch wirtschaftliche Fächer zu belegen (was in meiner eigenen Ausbildungszeit weder üblich noch möglich war). Diese breite Ausbildung sollte gesetzliche und wirtschaftliche Grundlagen genauso beinhalten wie Sprachen (vor allem slawische!), die heute unumgänglich sind: eine Fremdsprache ist heute schon zu wenig. Im beruflichen Alltag ist es zu Beginn wichtig, nicht auf hohe Gehälter zu achten, sondern zu lernen; alles andere kommt dann von alleine. Die Einstellung „Ich werde mehr arbeiten, sobald ich mehr verdiene“ ist meiner Erfahrung nach völlig verkehrt – wenn man ordentlich und fleißig arbeitet und sich nicht jeden Handgriff extra bezahlen läßt, wird man schließlich – ohne überehrgeizig zu sein – auffallen und langfristig erfolgreich werden. Wenn man gerne arbeitet, ist diese Einstellung ohnehin selbstverständlich. Generell rate ich jedem jungen Menschen, sich vor allem Allgemeinbildung anzueignen und sich für vieles zu interessieren.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Mein unternehmerisches Ziel ist es, so wie bisher mit meinen sechs Mitarbeitern tätig zu sein. Ich strebe kein weiteres Wachstum meines Betriebes an, arbeite aber mit einem Planungsbüro in Bratislava zusammen, um Spitzen abzudecken und Projekte durchführen zu können, für die sechs Angestellte zu wenig sind.