Zum Erfolg von Hansjörg Missbichler
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Erfolg bedeutet für mich, am Abend nach Hause zu gehen und mit dem Geleisteten zufrieden zu sein. Das wichtigste ist mir dabei, daß sich meine Mitarbeiter an ihren Arbeitsplätzen wohlfühlen, weil sie gerade in einem Sozialberuf das wichtigste Kapital eines Unternehmens sind. Die Zufriedenheit meiner Mitarbeiter ist deshalb so wichtig, weil sie einen extrem schwierigen Job zu erfüllen haben und unter hohem Druck stehen, da uns viel zu wenig Pflegepersonal zur Verfügung steht. Der zweite Gradmesser meines Erfolges ist die Zufriedenheit der Patienten und Angehörigen. Mein Erfolg ist es, daß Klagen und Beschwerden seit meiner Übernahme des Sanatoriums gegen Null gehen. Der dritte Faktor meines Erfolges ist die Tatsache, daß ich im Auftrag Ariel Muzikants dieses Haus in desolatem Zustand übernommen habe und schon nach dem dritten Jahr in die Gewinnzone führen konnte.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Ich sehe mich als absolut erfolgreich, weil ich als Arbeiterkind zum Geschäftsführer eines so großen Hauses aufsteigen konnte. Ich hatte zunächst nur eine Lehre absolviert und die Matura auf dem zweiten Bildungsweg nachgeholt, daher bin ich auf meinen beruflichen Werdegang sehr stolz und fühle mich erfolgreich.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Ich verfüge über einen unbedingten, geradezu gnadenlosen Erfolgswillen, da ich immer schon von der sozialen Unterschicht aufsteigen wollte. Basis meines Erfolges ist die Wertschätzung, die ich meinen Mitarbeitern entgegenbringe: ich mache sie immer wieder darauf aufmerksam, daß mein Erfolg von ihnen abhängig ist und verfolge den Leitspruch: Durch euch bin ich alles, ohne euch bin ich nichts.
Ist Originalität oder Imitation besser, um erfolgreich zu sein?
Ich habe kein Problem damit, Bestehendes zu übernehmen, wenn ich mir dadurch Arbeit ersparen kann. Originalität ist nicht immer der einzige Weg, um zum Erfolg zu kommen: ich bin mir nicht zu schade, die Ideen und Tricks anderer in mein Repertoire aufzunehmen.
Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat?
Im Berufsleben prägte mich Dr. Wolfram Flatscher, Personaldirektor der Merkur-Versicherung, weil er Umgangsformen mit seinen Mitarbeitern pflegte, die mir imponierten und die ich selbst übernommen habe.
Welche Rolle spielen die Mitarbeiter bei Ihrem Erfolg?
Das Personal spielt eine wesentliche Rolle beim Erfolg des Hauses - sofern ich ihm klarmachen kann, daß man auch einen sozialen Betrieb wirtschaftlich führen kann, was nicht möglich ist, wenn Mitarbeiter sich während ihrer zehnstündigen Arbeitszeit pro Tag vier Stunden unterhalten. Da das Sanatorium kein öffentliches Krankenhaus ist, muß ich mir keine Sorgen um Pragmatisierungen machen und kann, natürlich gemeinsam mit dem Betriebsrat, meine Mitarbeiter auf Erfolgskurs bringen.
Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?
Die grundsätzlichste Motivation liegt in der Anerkennung und Wertschätzung der Leistung meiner Mitarbeiter. Ich habe ein sehr ausgeklügeltes Prämiensystem entwickelt, mit dem ich Mitarbeiter finanziell motiviere, weil Geld gerade im Sozialbereich ein unüblicher und willkommener Anreiz ist. Da koschere Speisen in Österreich extrem teuer sind, biete ich meinen Mitarbeitern als freiwillige Sozialleistung fast gratis Verpflegung, zudem erhält jeder zum Geburtstag eine Aufmerksamkeit, und im Dezember feiern wir gemeinsam Weihnuka, eine Kombination aus dem christlichen Weihnachtsfest und dem jüdischen Hanukah, um das Zusammengehörigkeitsgefühl der Angehörigen verschiedener Religionen und Ethnien zu stärken.
Welche sind die Stärken Ihres Unternehmens?
Ich kann, ohne arrogant und überheblich zu sein, sagen, daß dieses Sanatorium das beste Haus in ganz Wien ist, da wir mit einer besonders sensiblen Klientel, zu der Überlebende des Holocaust zählen, zu tun haben. In keinem zweiten Sanatorium ist eine Krankenschwester für nur jeweils zwei Patienten zuständig. Generell beschäftigen wir erstklassiges, leistungsorientiertes Personal, das seinen Beruf sehr ernst nimmt, ein eigenes Ärzteteam und sonstiges Gesundheitspersonal. Wir erfüllen jeden individuellen Wunsch und bieten zudem eine Vielzahl an künstlerischen Veranstaltungen und Kursen.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Ich trenne Beruf und Privatleben strikt, gehöre aber letztendlich zu jenen Menschen, denen das Berufsleben wichtiger ist als das Privatleben.
Wieviel Zeit verwenden Sie für Ihre Fortbildung?
Ich halte Fortbildung für enorm wichtig und finanziere meinen Mitarbeitern nahezu jeden fachlich sinnvollen Kurs, den sie besuchen möchten - wofür sie dafür nicht einmal ihren Urlaub aufwenden müssen. Ich persönlich absolviere immer wieder Seminare, über gesetzliche Änderungen informiere ich mich durch die Lektüre von Fachliteratur.
Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben?
Wer erfolgreich werden möchte, darf auf keinen Fall borniert oder arrogant sein. Man muß zuerst lernen, sich mit der Praxis auseinandersetzen und Erfahrung sammeln, ehe man mit Erfolg rechnen kann.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Ich bin in jeder Hinsicht ein Visionär und verfolge meine Ziele auf geradem, direktem Weg, aber in Etappen. Zudem bin ich in der Lage, Sackgassen zu erkennen und bereit, Umwege zu gehen, wenn es sein muß.
Ihr Lebensmotto?
Leben und leben lassen.