Zum Erfolg von Gustav Peichl
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Das Wort Erfolg kann auf viele einzelne Aspekte bezogen werden. So kann ich mich erfolgreich fühlen, weil ich eine erfolgreiche Ehe führe oder weil ich ein Werk zustande brachte. Ich für mich kann nicht genug Freude am Leben und meiner Tätigkeit finden. Gefallen meine Unternehmungen anderen auch und bezahlen sie mich dafür noch, bin ich dankbar und glücklich.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Ich unternehme nach wie vor Dinge, die mir große Freude bereiten.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Immer schon zeichnete ich gern. Das Karikaturhafte regte sich früh in mir, und um Geld für mein Studium zu verdienen, erhielt ich zwar nicht viel, aber ausreichend Lohn für meine Karikaturen, die als Postkarten gedruckt oder in Zeitungen veröffentlicht wurden. Der Verdienst reichte zum Studienleben völlig aus. Nach der Staatsgewerbeschule war ich ausschließlich an kreativen Dingen und am schöpferischen Tun interessiert und fand einen Mentor in meinem Lehrer C. Holzmeister. Als Architekt hatte ich vorrangig Erfolg mit meinen Entwürfen von Kulturbauten. Das Leben lehrte mich, daß es sich darauf zu achten lohnt, mehr Freunde als Gegner zu haben. Mit der Zeit besann ich mich darauf, daß es vor allem die Gegner sind, die einem zu Größe verhelfen, denn sollten sie mich loben, befürchte ich, etwas falsch gemacht zu haben. In der Architektur war mir die Qualität das Allerwichtigste und nicht das Schaffen von Quadratmetern. Zu Geld hatte ich nie eine ausgeprägte Beziehung (und denke immer noch in Schilling). Mit Freude und mit Fleiß an Dinge heranzugehen - diese Haltung bringt Erfolg. Ich wurde unruhig und nervös, konnte ich nicht arbeiten oder wenigstens lesen. Im allgemeinen bin ich ein sehr kommunikativer Mensch und bestimmt außerordentlich neugierig, weil mich vieles einfach interessiert. Seit 47 Jahren bin ich mit meiner Frau verheiratet und fühle mich in meiner Ehe immer noch sehr wohl. Dem heutigen Wohlstand und Überkonsum verbunden mit dem Zeitgeist des Hedonismus stehe ich allerdings mit großer Skepsis gegenüber. Ich empfand Freude gerade an den kleinen Aufmerksamkeiten und Geschenken. Ich bin grundsätzlich ein Frauenbewunderer und hatte viele großartige Schülerinnen. Es gibt nur gute oder schlechte Architekten und Architektinnen. Als Architekt muß man mit Ratio und Emotion arbeiten, gebildet sein und Lustgefühle hegen, denn die Architektur formt den Menschen. Erst baut der Mensch ein Haus, dann formt das Haus den Menschen, meinte Albert Schweitzer einmal, und dem stimme ich zu.
Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat?
Meine Mutter war streng und konsequent, erkannte mein zeichnerisches Talent und förderte meine Begabung, indem sie mich auf die Gewerbeschule schickte. In der Meisterklasse bei Professor Holzmeister bekam ich zeichnerisch den letzten Schliff. Professor Holzmeister verstand es hervorragend, mit jungen Leuten umzugehen. Sein Credo war nicht, kleine Holzmeister heranzuzüchten, sondern eine Haltung zu vermitteln und den persönlichen Stil seiner Schüler zu unterstützen. Diese Förderung sehe ich als eine menschliche Größe.
Welche Rolle spielen die Mitarbeiter bei Ihrem Erfolg?
Ich übergab mein Architekturbüro zur Führung an jüngere Menschen, an Rudolf F. Weber und Christoph Lechner, und wir halten eine gute Partnerschaft, die zu vielen schönen Werken führt.