Zum Erfolg von Ulrike Sillipp
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Erfolg ist für mich mit innerer Zufriedenheit verbunden. Ich erwarte mir keine Anerkennung, auch wenn ich immer wieder Zuspruch erfahre. Erfolg hat mit persönlichen Glücksgefühlen zu tun, und Geld macht jedenfalls nicht glücklich.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Immer, wenn ich es schaffe, Menschen von meiner Liebe zum Stricken zu überzeugen, fühle ich mich, als hätte ich den Mount Everest bestiegen.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Ich scheute keinen Einsatz, um meine berufliche Selbständigkeit mit meinem Strickladen umzusetzen. Die Liebe zum Handarbeiten wurde meine wichtigste Kraftquelle, und ich erkannte, daß eine Frau ohne frühere Berufsausbildung minimale Chancen auf eine klassische Erwerbstätigkeit hat. Ich bin froh, daß ich im Berufsleben soziale Kontakte habe. Mittlerweile ist mir das Auskommen mit den Menschen wertvoller als das materielle Einkommen. Es liegt mir am Herzen, daß meine Kinder gut versorgt sind.
Ist es für Sie als Frau in der Wirtschaft schwieriger, erfolgreich zu sein?
Männern geht es wahrscheinlich auch nicht besser. Gerade als Frau darf man sich nicht zurücklehnen und sich auf das klassische, passive Frausein berufen und daher meinen, man braucht etwas von vornherein nicht zu können.
Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat?
Meine Großeltern, vor allem meine Großmutter Rosa, waren meine wichtigsten Bezugspersonen. In der Schulzeit gab mir meine Lehrerin im Fach Handarbeiten immer eine schlechte Note, und erst später begann ich mit Hilfe einer Tante wieder mit dem Stricken. Als ich mein erstes Stück vollendet hatte, fühlte ich mich bestätigt, weil ich mein besonderes Talent erkannte. Stricken wurde in der Folge fast zu einer Sucht.
Welches Problem scheint Ihnen in Ihrer Branche als ungelöst?
Das Handarbeiten mit Strickwaren wird heutzutage in seinem Kreativitätspotential bei weitem unterschätzt, sogar abwertend betrachtet, und dabei ist es doch ein Kunsthandwerk. Jedes Stück ist ein Unikat, mit den eigenen Händen gestaltet. Weder in der Öffentlichkeit noch in der schulischen Bewertungsskala wird der Strickkunst ein angemessener Stellenwert gegeben.
Wie werden Sie von Ihrem Umfeld gesehen?
Ich habe viele Stammkundinnen, die mir sehr viel Treue und persönliche Nähe entgegenbringen.
Welche sind die Stärken Ihres Unternehmens?
Ich arbeite ausschließlich manuell, denn die Arbeit mit der Strickmaschine würde nicht dasselbe Ergebnis wie bei meinen Handarbeiten erzielen. Ich gebe Kundinnen Anregungen und begleite sie darin, die Raffinessen der Strickkunst zu erlernen. Wie verhalten Sie sich der Konkurrenz gegenüber? Es gibt wenig Konkurrenz, da Handstrickware heute einfach nicht so günstig ist wie reine Industrieanfertigung.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Ich stehe gerne morgens auf und freue mich auf den Arbeitsalltag. Sogar an Samstagen veranstalte ich Stricknachmittage, weil mich die Freude am Beruf erfüllt. Ich kann beide Lebensbereiche, Familie und Beruf, gut vereinbaren. Zudem komme ich abends gelöst nach Hause. Ohne Strickzeug halte ich es auch im Urlaub nicht aus; ich finde diese Aktivität nämlich sehr entspannend.
Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben?
Sich in seiner Tätigkeit selbst ausdrücken zu können, ist einfach das Schönste, was es an beruflicher und persönlicher Erfüllung gibt. Ich denke, daß es den meisten Menschen, die an Streß leiden oder unter dem Druck stehen, viel Geld zu verdienen, daran mangelt, ihre Kreativität überhaupt ausdrücken zu können. Dabei wird man umgänglicher und offener für andere Menschen, wenn man kreativ sein kann und es dabei schafft, Aggressionen abzubauen.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Ich führe meine Wollstube weiterhin mit Freude.
Ihr Lebensmotto?
Ich lebe heute!