Zum Erfolg von Hans Christian Luschützky
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Diese Frage ist für mich insofern schwer zu beantworten, als Erfolg ein mehrdimensionaler Begriff ist. Ich trenne den äußeren Anschein, den sozialen Erfolg, also die Erringung einer hierarchischen Position vom inneren, persönlichkeitsbezogenen Erfolg, der mit Zufriedenheit mit der eigenen Lebenssphäre zu tun hat. In anderen Worten gibt es den Erfolg nach außen hin, im Bild, das andere von mir haben, und den Erfolg nach innen, der sich einstellt, wenn ich mir sagen kann, daß ich mir meine Vorstellungen, wie ich leben will, erwirtschaftet und mich dabei nicht verkauft habe. Diese beiden Erfolgsfaktoren können durchaus im Widerspruch stehen, weil es Situationen gibt, in denen man, um den äußeren Erfolg zu erlangen, etwas tun müßte, das die innere Erfolgsskala drückt. Widerstand, den es zu überwinden galt, gab es in Hinblick auf Anerkennung durch den Kollegenkreis und die eigenen akademischen Lehrer, die es generell lieber haben, wenn jemand zu ihrem Evangelisten wird, anstatt sich selbständig und kritisch mit ihrem Fach zu beschäftigen. Derzeit bereite ich ein Buch über die Geschichte der Sprachtypologie vor, worin gezeigt wird, daß die gesamte Sprachtypologie von Anfang an eine Fehlkonstruktion ist. Es könnte, wenn es gelesen wird, zu einem Quantensprung führen.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Ja.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Ausschlaggebend für meinen Erfolg war das richtige Verhältnis der materiellen Absicherung zu einer minimalen Opferung von Werten.
Ab wann empfanden Sie sich als erfolgreich?
Ich empfand mich schon während meines Studiums - mit jeder bestandenen Prüfung, jeder Abschluß, jeder Stufe - als erfolgreich.Welches Problem scheint Ihnen in Ihrem Forschungsbereich als ungelöst? Die Sprache selbst ist ein in vielen Facetten ungelöstes Rätsel. Sie ist es, die den Menschen zum Menschen macht, und wenn wir den Menschen verstehen möchten, müssen wir herausfinden, wie die Sprache funktioniert; nur können wir schlecht darüber reflektieren, weil wir ja nur innerhalb der Sprache operieren und somit keine Außensicht erlangen, uns - anders als ein Mineraloge, der vor seinem Stein sitzt und ihn betrachtend analysiert - nicht von unserem Forschungsgegenstand lösen können. Es gibt keine Theorie der Sprache, die außersprachlich gestützt ist.
Wie werden Sie von Ihrem Umfeld gesehen?
Ich werde von Medien, Ahnenforschern und öffentlichen Stellen (beispielsweise Standesämtern) oft kontaktiert, wenn es um beispielsweise um Namensbegutachtungen geht. Über mangelnden Austausch mit einer interessierten Öffentlichkeit kann ich mich somit nicht beklagen.
Welche Rolle spielen die Mitarbeiter bei Ihrem Erfolg?
Meine Kolleginnen und Kollegen spielen insofern eine Rolle, als sie mir, was die Verwaltung betrifft, den Rücken freihalten. In der Forschung selbst trifft das nicht zu, wohl auch, weil wir in den Geisteswissenschaften nie zum Teamwork angehalten wurden. Ein Aufsatz, der von zwei Autoren verfaßt wurde, hat, anders als in den Naturwissenschaften, leider noch keine sehr hohe Wertigkeit, wobei das Arbeiten in Teams durch die zunehmende Forschung in Projektform deutlich aufgewertet wird. So hatten wir vor kurzem den ersten Fall einer gemeinsam von zwei Studenten verfaßten Diplomarbeit.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Ich kann mich mit meiner Frau, die selbst vom Fach ist, wunderbar austauschen, andererseits sind Beruf und Privatleben dadurch auch wieder schwer zu trennen.
Wieviel Zeit verwenden Sie für Ihre Fortbildung?
Sämtliche. Selbst wenn ich in der U-Bahn die Tageszeitung lese, sehe ich sprachliche Auffälligkeiten, die sofort mein wissenschaftliches Zentrum aktivieren. So gesehen stehe ich auch unter dauerndem Streß, und wäre mir das früher bewußt gewesen, hätte ich vielleicht etwas ganz anderes studiert.
Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben?
Seid kritisch!
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Ich möchte so weiterarbeiten wie bisher, dabei aber mehr publizieren und eine breitere Öffentlichkeit finden.
Ihr Lebensmotto?
Lebe, wie du, wenn du stirbst, wünschen wirst, gelebt zu haben.