Zur Karriere von Harald Serafin
Welche waren die wesentlichsten Stationen Ihrer Karriere?
Wo kann ein Mensch leben, der am Heiligen Abend in Litauen geboren wurde, in Deutschland aufwuchs und einen venezianischen Großvater und eine österreichische Großmutter hatte? Natürlich nur in Wien! Nach der Besetzung Litauens durch die Russen 1939 flüchtete meine Familie nach Bayern, wo meine Eltern ein Textilgeschäft eröffneten und wir ein neues Zuhause fanden. Auf Wunsch meiner Eltern begann ich nach der Matura in Berlin Medizin zu studieren. Meine Sehnsucht, Sänger zu werden, war jedoch stärker. Ich verabschiedete mich also nach acht Semestern von der Medizin und begann 1954 mit dem Gesangsstudium an der Hochschule für Musik in Berlin, das ich anschließend am Nürnberger Konservatorium bei Kammersänger Willi Domgraf Fassbaender beendete. Über Engagements in St. Gallen, Bern, Aachen und Ulm kam ich schließlich ans Opernhaus Zürich, wo ich bereits als junger Opernsänger die Chance bekam, die Hauptpartie in Madame Bovary zu singen. Danach sang ich alle wichtigen Partien in Cosi fan tutte, Tannhäuser, der Zauberflöte, der Hochzeit des Figaro und anderen Opern. Schließlich wies mir der große Schauspieler, Regisseur und liebe Freund Otto Schenk den richtigen Weg: Er erkannte mein Talent und empfahl mich an die Wiener Volksoper. Dort fand ich als Eisenstein in der Fledermaus eine neue Liebe - die Operette. Der große internationale Durchbruch gelang mir als Danilo in der Lustigen Witwe, die Otto Schenk am Opernhaus Frankfurt inszenierte. Als 1969 das Theater an der Wien einen Nachfolger für den als Danilo unvergessenen Johannes Heesters suchte, fiel die Wahl auf mich. Über 1.700 Mal habe ich diese Partie an diversen Opernhäusern gesungen. Mitten während meiner Karriere kam plötzlich der Schock: Eine Operation an beiden Stimmbändern beendete mit einem Schlag meine Sängerlaufbahn. Ein Jahr lang erkämpfte ich mir mit Hilfe meiner Familie und der bekannten Psychotherapeutin Prof. Sloga den Weg zurück ins Bühnenleben. Gott sei Dank meinte es das Schicksal gut mit mir. 1992 wurde ich zum Intendanten der Seefestspiele Mörbisch ernannt. Das war eine neue Aufgabe, die mich reizte und in der ich meine Vision, der Operette wieder den Stellenwert zu geben, den sie verdient, realisieren konnte. Im gleichen Jahr engagierte mich auch Felix Dvorak, Intendant der Sommerspiele in Berndorf, für die Hauptrolle in Moral von Ludwig Thoma. Es wurde ein großer persönlicher Erfolg. Daraufhin engagierte mich Otto Schenk für das Boulevardstück Trau' keinem über 60 von Günther Beth an die Kammerspiele. Es folgten Rollen als komischer Liebhaber in Der Mann, der sich nicht traut und als Hypochonder in Nur keine Tränen, Liebling. Mein Vertrag als Intendant der Seefestspiele Mörbisch läuft noch bis 2011, ich möchte ihn aber nicht verlängern. In der zweiten Staffel der TV-Show Dancing Stars, die im Frühjahr 2006 im Programm ORF 1 ausgestrahlt wurde, war ich Juror und wurde gleich nach der ersten Sendung mit dem Titel Mr. Wunderbar versehen. Mein Kommentar Es war wunderbar! erlangte den Status eines Running Gags. Die Floskel Wunderbar war kurzfristig im populärkulturellen Zusammenhang dermaßen mit meiner Person konnotiert, daß ich damit sogar als Werbe-Testimonial für die österreichische Möbelhauskette XXXLutz engagiert wurde, die Titelseite von News zierte, Gast von Barbara Stöckl in Frühstück bei mir war und plötzlich von Teenagern um Autogramme gebeten wurde.