Zum Erfolg von Ernestine Graßberger
Was ist für Sie Erfolg? Für viele ist Erfolg gleich Macht. Für mich ist es Erfolg, wenn mir die Arbeit Spaß macht, die Personen, für die man sie leistet, sie auch anerkennen, sich wohlfühlen und man nicht an den Menschen vorbei funktioniert. Erfolg sehe ich nicht für mich, sondern für die Sache.
Sehen Sie sich selbst als erfolgreich?
Schon, weil mich die Menschen akzeptieren, mir auch ihre privaten Probleme erzählen und mich so nehmen, wie ich bin.Wie sieht Sie Ihr Umfeld - als erfolgreich? Ja, aber der Freundeskreis minimiert sich, sobald man sich für andere einbringt. Ich nehme Erfolg nicht nur für mich in Anspruch. Dabei besteht die Gefahr, daß man seine Freunde zu sehr vernachlässigt. Ich bewundere Menschen, die Beruf, Freunde und Privates unter einen Hut bringen.Wobei haben Sie sich erfolgreich entschieden? Bei nichts Bewußtem. Wahrscheinlich habe ich unbewußt richtig entschieden, als ich mich entschloß, die Jugendgruppen zu führen und mich auf mich selbst zu konzentrieren.Was ist für Ihren Erfolg ausschlaggebend? Für die Menschen da zu sein, ihnen zuhören zu können, was auch Zeit kostet und meine Tätigkeit ernst zu nehmen. Auch meine Loyalität Kolleginnen gegenüber. Ich war immer Teamarbeiterin. Um Erfolg zu haben, muß man andere auch mitleben lassen, als Alleinkämpfer wird man nicht erfolgreich sein. Erfolg muß auch Spaß machen, man darf nicht Mobbing betreiben und Freunde und Familie links liegen lassen.Haben Sie diese Tätigkeit angestrebt? Nein, das ergab sich.Welche Rolle spielt die Familie? Partner müssen eine hohe Toleranz einbringen, und nur in den seltensten Fällen halten es die Männer aus, wenn die Frau Karriere macht. Das ist eine Erziehungs- und Generationsfrage. Als Politiker ist man immer öffentlich, und die Frage ist, ob das der Partner auch will. Der Preis des Erfolges ist, daß das Privatleben sehr in den Hintergrund gedrängt wird.Welche Rolle spielen die Mitarbeiter? Mitarbeiter sind mir sehr wichtig, ich bin keine Einzelkämpferin.Welche Rolle spielen Niederlagen, und wie gehen Sie damit um? Man muß hinterfragen, was eine Niederlage ist und warum sie eingetreten ist. Als ich spürte, daß mein Mann eine andere Frau hatte, wurde ich schwer krank und lag fast im Sterben. Seither habe ich eine ganz andere Lebenseinstellung, man darf sich selbst nicht so ernst nehmen. Purer Egoismus, Härte und Ausgrenzung stören mich, und das empfinde ich ebenso wie verbale Brutalität als Niederlagen, mit denen ich schwer umgehen kann.Woraus schöpfen Sie Kraft? Aus der Verantwortung meiner Tochter gegenüber, durch Freunde, Freundinnen, dem Abschalten im Urlaub und auch aus dem Sport, der für mich ein ungeheurer Kraftbrunnen ist.
Ihre Ziele?
Menschen zu helfen. Die Funktion der Bezirksvorstehung bedeutet in meiner Karriere den Höhepunkt.
Haben Sie Anerkennung erfahren?
Nicht in ausreichendem Maße, nur wenn Leute auf mich zugehen, mich schätzen, wissen, daß ich für sie da bin und das mache, was für sie wichtig ist. Aufs Verdienstkreuz lege ich aber keinen großen Wert.
Ihr Lebensmotto?
Schau immer nach vorne, nie zurück, nimm dich selbst nicht zu ernst und nimm jede Herausforderung an.
Ihr Erfolgsrezept?
So etwas gibt es nicht. Wer das behauptet, lügt. Man muß die Situation täglich neu erkennen, sich treu bleiben und in den Spiegel sehen können.Ihre Vorbilder? Fr. BM Prof. Gertrude Fröhlich-Sandner, mit der ich lange politisch zusammengearbeitet habe, sie war eine Dame, die immer vorlebte, wie man als Frau Politik machen kann. Hrn. NR-Präs. Mag. Leopold Gratz wegen seiner Erfahrung, Intelligenz, Charakterfestigkeit und weil er mit klaren Worten auch komplizierte Dinge sagen konnte.
Anmerkung zum Erfolg?
Erfolg ist ein gefährliches Thema, da Erfolg dicht neben der Macht liegt. Machtmenschen können leicht den Boden unter den Füßen verlieren. Erfolgsmenschen sind die, die etwas auch uneigennützig tun.
Ein Ratschlag zum Erfolg?
Nie seine Wurzeln vergessen.