Zum Erfolg von Wilhelm Holzbauer
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Erfolg ist, da sehr relativ, nur schwer zu definieren. Es gibt kleine und große Erfolge, die in Relation zu der jeweiligen Situation stehen. Für einen leidenschaftlichen Architekten, der einen Drang zum Bauen hat, sind die Erfolge, sobald man einen gewissen Namen hat, wieder etwas Relatives. Dann ist es ein Erfolg, wenn man etwas Neues, Bedeutendes machen kann. Derzeit habe ich den Wettbewerb um das Opernhaus in Canton (China) gewonnen. Dieser Auftrag wäre für mich wieder ein Erfolg. Für andere mag es ein Erfolg sein, an der Börse zu gewinnen oder Millionen zu verdienen. Ich wollte ein schöpferisches, ausgefülltes Leben und auch die Freuden des Lebens genießen.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Nur bis zu einem gewissen Grad. Ich bin sehr oft mit mir und gewissen Umständen unzufrieden. In diesem Beruf ist man immer auch anderen ausgeliefert. Man kann einen Wettbewerb gewinnen und trotzdem völlig ignoriert werden und untergehen. Diese Niederlagen zehren an dem Begriff Erfolg, weil man die Möglichkeiten sieht, die dann doch nicht eintreffen. Die Architekturgeschichte ist voll solcher Fehlentscheidungen, davon blieb auch ein Otto Wagner nicht verschont.
In welcher Situation haben Sie erfolgreich entschieden?
Als ich an der Yale-University unterrichtete, bekam ich ein äußerst verlockendes Angebot als hochbezahlter Designer des Architekturbüros Skidmore, Owings & Merryl (SOM), das ich ablehnte, um doch nach Österreich zurückzukehren, da wir den Auftrag für die Parscher Kirche bekamen. Wäre ich damals in den USA geblieben, wäre ich heute Partner von SOM und mein Leben gänzlich anders verlaufen. Um die Akquisition der Aufträge hätte ich mich dann nicht mehr kümmern müssen, und vielleicht auch viel mehr gebaut.Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat? In meiner Jugend hatte ich berufliche Vorbilder (Architekten wie Franklin Wright oder van der Rohe), die ich aber nicht kopieren wollte. Um Vorbilder zu haben bin ich zu spontan und intuitiv.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Eigenartigerweise bekam ich die meiste Anerkennung für mein Bühnenbild in der Staatsoper (Lustige Witwe), auf welches ich mehrfach spontan auf der Straße angesprochen wurde. Ich erhielt auch zahlreiche Preise und Orden, die man mit einem gewissen Alter automatisch erhält, die mir allerdings nicht so wichtig sind.
Wie werden Sie von Ihrem Umfeld gesehen?
Mein Erfolg wurde fast schon zu einem Problem, da man sich sagt, ich hätte für österreichische Verhältnisse ohnehin schon genug gebaut. Das ist ein spezifisch österreichisches Problem, mit dem viele heimische Architekten kämpfen müssen. Auch ich werde mit viel Kritik bedacht, wobei die Architektur-Kritiker meist Architekten sind, die es nicht schafften und jetzt für die Presse schreiben. Nicht diese Leute sind meine schärfsten Kritiker, sondern vor allem jene, die viel bauen. Da ich weiß, daß der Erfolg viele Neider hat und ich diesen am eigenen Leib spüre, habe ich eine gewisse Gelassenheit an den Tag gelegt.Haben Sie diese Tätigkeit angestrebt? Ja, unbedingt; schon mit zehn Jahren wollte ich diesen Beruf - Baumeister - ergreifen, obwohl ich damals noch gar nicht wußte, daß es den Beruf des Architekten gibt.Welche Rolle spielt das Umfeld? Ob das Umfeld direkten Einfluß auf den Erfolg hat, weiß ich nicht, das ist subjektiv verschieden. In meinem privaten Freundeskreis habe ich weniger Architekten als Künstler, Journalisten oder Ärzte. Hier lege ich Wert auf ein geselliges Zusammensein.Nach welchen Kriterien wählen Sie Mitarbeiter aus? Rein intuitiv. Seit zehn Jahren erledigt die Vorauswahl mein Büroleiter, ich habe keine ablesbaren Auswahlkriterien, es kommt mir darauf an, ob man mit dem Bewerber auskommt.
Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?
Daran laboriere ich schon lange herum. Zusätzlich motivieren könnte ich, wenn ich Partner aufnehmen würde. In erster Linie motiviere ich durch die Büroatmosphäre, sekundär durch Prämien, wenn ein Projekt gut abgewickelt wurde.
Welche Rolle spielen die Mitarbeiter bei Ihrem Erfolg?
Mit ihnen habe ich ein gutes Verhältnis und versuche, ihnen ein angenehmes Umfeld zu schaffen.Was bedeuten Niederlagen für Sie? Bei einigen Projekten, die mir ans Herz gewachsen sind, tut es mir leid, daß sie nicht gebaut wurden (zum Beispiel an der Avenida Diagonal in Barcelona, die Nationalbibliothek in Teheran oder das Museum ägyptischer Zivilisation in Kairo). Das muß man wegstecken und tags darauf wieder zur Tagesordnung übergehen. Seit langem habe ich mir schon selbst eine gewisse Gelassenheit verordnet. Würde das Canton-Oper-Projekt, das schon sehr weit fortgeschritten ist, doch nicht verwirklicht werden, wäre das eine große Enttäuschung.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
In meinem Alter habe ich nicht mehr so große Ziele. Einige Bauten, wie die Oper in Canton, den Linzer Hauptbahnhof oder das kleine Festspielhaus in Salzburg würde ich gerne realisieren. Privat lebe ich seit zehn Jahren in einer Harmonie, die mir Kraft gibt, um unbelastet zu arbeiten.