Zum Erfolg von Helmut Kastl
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Erfolg bedeutet für mich, Ideen zu entwickeln und zu realisieren – dies kann aber nur mit engagierten und motivierten Mitarbeitern gelingen. Ich bin kein Freund einsamer Entschlüsse sondern versuche, das Team in den Entwicklungsprozeß einzubinden.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Ja, ich bin heute zufrieden mit meinem beruflichen Werdegang, weil ich alle Aufgaben gut lösen konnte, die an mich gestellt wurden, das Vermögen, das man mir anvertraute, nicht nur gut handhabte, sondern auch vermehren konnte und auch in wirtschaftlich turbulenten Zeiten auf die Bedürfnisse meiner Mitarbeiter Rücksicht nahm. Dabei habe ich mich nie vorgedrängt, man ist immer an mich herangetreten – ich denke heute, daß ich auch glücklich wäre, wenn ich Betriebsleiter eines Kraftwerkes geblieben wäre.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Ich habe mich von Beginn an überdurchschnittlich engagiert und Bestehendes immer hinterfragt. Ich suchte stets nach Verbesserungen, sowohl im technischen also auch im wirtschaftlichen Bereich. Wir investieren jährlich etwa eine Milliarde Schilling in das bestehende Netz, ich sah meine Aufgabe bereits in der Konzeption von Kraftwerken darin, die wirtschaftliche Komponente zu optimieren. Ich denke, daß meine Fokussierung auf wirtschaftliche Belange und meine dauernde Bereitschaft zur Veränderung schon früh den Ausschlag für meinen heutigen Erfolg gaben. So war ich in den letzten Jahren darauf konzentriert, die Organisation des Hauses neu zu strukturieren und Abläufe zu verbessern. Eine meiner wesentlichsten Stärken ist mein Weitblick. Ich kommuniziere in der Hierarchieebene sehr weit nach unten, weil ich mich vor der Herausforderung sehe, eine Art Kulturwandel herbeizuführen, der mit den permanenten Veränderungen in unserer Branche notwendig geworden ist; dabei stelle ich mich auch gerne nach wie vor der Diskussion.
Welche sind die Stärken Ihres Unternehmens?
Die heutige Wienstrom GmbH begeht 2002 ihr hundertjähriges Jubiläum - wobei 1902 der Startschuß für die kommunale Stromversorgung fiel, private Stromversorger existierten bereits seit etwa 1890. Mit der Inbetriebnahme des Kraftwerkes Simmering wurde die Beleuchtung garantiert, ein zweites Werk sorgte ab der Elektrifizierung der Pferde-Tramway für Elektrizität in diesem Bereich. Später kam die Versorgung im Gewerbe dazu, die Entwicklung nach dem Krieg verlief besonders rasant, da die Anwendungen immer vielfältiger wurden. Unser Unternehmen garantierte seit seinem Bestehen immer schon für sichere Stromversorgung und setzt seit den Achtziger Jahren, als die großen Umweltdebatten geführt wurden, sehr umweltbewußte Maßnahmen – beispielsweise ein Nachrüstprogramm für bestehende Kraftwerke. Somit konnten wir noch vor der gesetzlichen Vorschreibung die Emissionen drastisch (um 90 bis 99 Prozent) reduzieren. Zu Beginn der Neunziger Jahre gab es einen Rechtsstreit um unsere niederösterreichischen Versorgungsgebiete. Ich war damals der Meinung, daß dieser Konflikt nicht nur eine rechtliche, sondern auch eine wirtschaftliche Komponente habe. Wir verfolgten daher das ehrgeizige Ziel, unsere Stromversorgung billiger oder zumindest gleich teuer wie die EVN anzubieten. Die Folge davon war, daß damals sowohl WIENSTROM als auch EVN ihre Strompreise gesenkt haben, als andere Versorger in Österreich noch die Preise erhöten. Ich sagte später manchmal scherzhaft, daß wir damals schon den Wettbewerb für die spätere Liberalisierung geprobt hätten. Heute verbindet uns mit EVN eine Partnerschaft in der Energie Allianz, die in den Zeiten der Energiemarktöffnung Aktivitäten in Österreich bündelt, um auch gegen den internationalen Wettbewerb bestehen können.
Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben?
Ich rate gerade heute jedem jungen Menschen, der eine Führungsposition anstrebt, zu einer guten Schul- beziehungsweise Universitätsausbildung, denn die Anforderungen sind in dieser Zeit sehr hoch geworden. Abgesehen von wenigen Ausnahmen kann man heute gewisse Funktionen nur übernehmen, wenn man Akademiker ist. Die jungen Menschen von heute müssen sich in Zeiten der wachsenden Veränderungen bewußt machen, daß sie eine Vierzig Stunden-Woche vergessen können und die Flexibilität besitzen müssen, immer wieder neue Herausforderungen, völlig neue Aufgabenbereiche anzunehmen. Wer sich engagiert, wird seinen Weg machen. Neben Ausbildung und Engagement zählt heute auch die Kommunikation, man muß fähig sein, sich nicht nur innerbetrieblich, sondern auch in der Wirtschaft Netzwerke zu schaffen – dabei zählt auch soziale Kompetenz. Ist man schließlich in einer Führungsposition angelangt, darf man die Verantwortung für die Bedürfnisse seiner Mitarbeiter nicht vergessen.