Zum Erfolg von Friederike Kraus
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Erfolg bedeutet für mich, in meinem Leben viel erreicht zu haben. Ich führe ein kleines Unternehmen, aber trotz des familiären Klimas gibt es eine sehr klare Hierarchie, an deren Spitze ich unangefochten stehe. Dieses Sozialprestige als Mutterfigur sowie die Anerkennung und Bestätigung, die mir zuteil werden, sind mein Erfolg. Als Erfolg betrachte ich auch die Tatsache, daß ich als Frau in einem Männerberuf nie in Frage gestellt wurde.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Im Sinne meiner Definition sehe ich mich als erfolgreich.Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg? Ich habe ein sehr gutes Personengedächtnis und spreche beispielsweise Kunden mit Namen an, die nach drei Jahren wieder in mein Geschäft kommen. Aus diesem Grund fühlen sich meine Kunden persönlich betreut und ernst genommen. Eine meiner Stärken besteht in der Kombination aus technischem Fachwissen und dem gleichzeitigen Zugang auf gewisse Bereiche als Frau, der mich sehr glaubwürdig macht. Ein weiterer Erfolgsfaktor ist meine Art der Mitarbeiterführung: meine Mitarbeiter schätzen mich als Instanz, auf die man mit allen Fragen zukommen kann, auch wenn es sich um persönliche Probleme handelt.
Wie begegnen Sie Herausforderungen des beruflichen Alltags?
Dringende Probleme löse ich sofort, für manche Dinge lasse ich mir aber gern mehr Zeit, ehe ich eine Entscheidung treffe. Heute fehlt mir mein Mann als Diskussionspartner, weil Probleme weniger schwerwiegend sind, sobald man sie einmal ausgesprochen hat.Ist es für Sie als Frau in der Wirtschaft schwieriger, erfolgreich zu sein? Auf mich persönlich trifft dies nicht zu, aber ich bin überzeugt, daß es für eine Frau innerhalb eines großen Betriebes tatsächlich schwieriger ist, die Karriereleiter hochzuklettern. Ich bin keine Feministin, weil zwischen Mann und Frau ein unleugbarer biologischer Unterschied besteht, den wegzudiskutieren natürlich blanker Unsinn wäre, aber ich glaube, daß Männer - und Frauen! - teilweise ein verzerrtes Bild haben und Unterschiede machen, die eben nicht biologisch determiniert sind. Als wir beispielsweise für die Schweizer Botschaft arbeiteten, erlitt mein Mann einen Herzinfarkt, und ich mußte das Projekt selbst zu Ende bringen. Das Lob eines Konsuls, daß ich den Auftrag ohne meinen Mann sehr gut erledigt hätte, ist typisch - wer würde so etwas zu einem Mann sagen? Als ich das einer Freundin erzählte, schlug sie in die selbe Kerbe, was ich nicht verstehe. Für mich gibt es keine Tätigkeiten, die männlich oder weiblich besetzt sind. Es gibt Vorurteile, die aber bei näherer Betrachtung nicht gerechtfertigt sind.Nach welchen Kriterien wählen Sie Mitarbeiter aus? Ich lege neben fachlicher Kompetenz großen Wert auf Ehrlichkeit, Verläßlichkeit und Loyalität, weil ich hinter meinen Mitarbeitern stehe. Während meiner beruflichen Laufbahn habe ich zahlreiche Lehrlinge ausgebildet, die heute in meinem Unternehmen tätig sind. Wichtig ist mir ein familiäres Betriebsklima, in dem sich alle wohlfühlen.Welche sind die Stärken Ihres Unternehmens? Das Unternehmen zeichnet sich durch das langjährige Bestehen seit 1904 aus. Unsere Stärken sind Verläßlichkeit und fachliche Kompetenz. Mein 1997 verstorbener Mann und ich teilten uns die Kompetenzen: während er für alle technischen Belange zuständig war, übernahm ich den kaufmännischen Bereich. Mein Mann war bei unseren Kunden sehr beliebt, weil sie wußten, daß er gute Arbeit leistete und niemanden übervorteilte; dies zu vermitteln, gelingt uns nun weiterhin. Wir legen großen Wert auf individuelle, persönliche Beratung unserer Kunden, die sich auf Ehrlichkeit und Fairneß verlassen können.Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben? Jeder Mensch muß für sich definieren, was Erfolg bedeutet: Ist Erfolg gleichzusetzen mit viel Geld oder mit einem harmonischen Familienleben, liegt er darin, eine Tätigkeit auszuüben, die man liebt, oder zu arbeiten, um sich in der Freizeit seinen Interessen zu widmen? Es ist schwierig, diese Frage für sich zu klären, und man muß dabei sehr ehrlich sein. Ich denke, daß es sinnvoll ist, sich kleine Ziele zu stecken und offen für Neues zu sein. Keinesfalls sollte man sich von seinem Berufsleben auffressen lassen, nur um möglichst viel Geld zu verdienen; es erscheint mir erstrebenswert, sich in einem überschaubaren Rahmen zu bewegen und nicht krampfhaft unrealistischen Vorstellungen hinterher zu jagen.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Ich werde das Geschäft demnächst übergeben und mich meinen Interessen widmen, mein vorrangiges Ziel besteht darin, 2004 mein Studium der Geschichte abzuschließen. Ich wollte nie jemand sein, der sich in der Pension Hobbies suchen muß und genieße die Tatsache, daß ich demnächst viel Zeit für alles habe, was mich interessiert. Das Geschäft ist für mich quasi ausgereizt, und ich kann nun guten Gewissens zu neuen Ufern aufbrechen - obwohl man eine Firma, in der man 37 Jahre lang tätig war, natürlich nicht einfach so aufgibt.