Zum Erfolg von Josef Bartl
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Als bodenständiger Mensch bedeutet Erfolg für mich, nach meinen Lehr- und Wanderjahren in meiner Heimat ein eigenes Unternehmen zu führen und selbstbestimmt arbeiten zu können.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Teilweise schon. Ich wollte immer selbst etwas erreichen, nicht in einen bestehenden Betrieb einheiraten oder immer Angestellter bleiben. Als dritter Sohn eines Landwirts ergriff ich als Patissier einen völlig ungewöhnlichen Beruf und machte mich nach einigen Jahren der fremdbestimmten Berufsausübung in der Nähe meines Geburtsortes selbständig. Allerdings ist dies in einer Heurigengegend keine wirklich gewinnbringende Branche, und ich kann mich nicht meiner Lieblingsbeschäftigung, der Mehlspeisenerzeugung, widmen, sondern muß auf den Bedarf der örtlichen Bevölkerung eingehen. Daher biete ich heute im Rahmen eines Kaffeehausbetriebes sogar Pizzaschnitten an.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Harte Arbeit, Kreativität und Flexibilität in der Anpassung an Umstände und Wünsche der Kunden. Ich ging keine extremen Risiken ein, sondern baute das Unternehmen in kleinen Schritten auf.
Wie begegnen Sie Herausforderungen des beruflichen Alltags?
Indem ich mir immer wieder neue Lösungsansätze einfallen lasse und die Mitarbeiterzahl je nach Wirtschaftslage erhöhe oder verringere. Im Sommer beschäftige ich einen Saisonarbeiter in der Kantine des Freibads, derzeit beschäftige ich nur einen Lehrling in der Produktion, begonnen habe ich damals mit zwei.
Ab wann empfanden Sie sich als erfolgreich?
Ab 1980 mit der Eröffnung meiner Filiale in Wien, die heute von meiner geschiedenen Gattin betrieben wird und die ich noch immer beliefere. Erfolgreich fühlte ich mich auch mit dem Erwerb des bis dahin gemieteten Hauses im Juni 1995.
In welcher Situation haben Sie erfolgreich entschieden?
Mit jeder Neuorientierung meines Lebens.
Ist Originalität oder Imitation besser, um erfolgreich zu sein?
Besonders als Patissier muß man kreativ sein, immer wieder neue Variationen und Dekorationen erfinden, den Kundenwünschen und Trends entgegenkommen und Produkte verändern. Man kann sich höchstens Ideen holen, aber niemanden imitieren.
Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat?
Geprägt hat mich mein Lehrherr in Zeiselmauer, bei dem ich sehr hart arbeiten mußte und wegen der Verletzungsgefahr nicht einmal in meiner Freizeit Sport betreiben durfte. Das war zwar eine schwierige Zeit, aber ich habe Selbstdisziplin und Verzicht gelernt, die als Unternehmer besonders wichtig sind.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Es ist sehr schwierig, sich in einem Weinbaugebiet als Gastronom und Konditor zu behaupten und damit zu bestehen. Dank meines Einfallsreichtums sowie der Übernahme der Freibadkantine und der Eiserzeugung habe ich es jedoch geschafft.
Welches Problem scheint Ihnen in Ihrer Branche als ungelöst?
Patisserie als Lehrberuf ist fast eine Mädchendomäne, in der Praxis bleiben aber die Männer eher im Beruf.
Wie werden Sie von Ihrem Umfeld gesehen?
Es hat lange gedauert, aber heute bin ich als Gastronom in meiner Gemeinde anerkannt.
Welche Rolle spielen die Mitarbeiter bei Ihrem Erfolg?
Eine sehr untergeordnete, ich führe faktisch einen Ein-Mann-Betrieb mit Hilfskräften im Verkauf und Lehrlingen in der Produktion.
Nach welchen Kriterien wählen Sie Mitarbeiter aus?
Ich versuche, während der Schnupperlehrtage und der dreimonatigen Probezeit die Eignung eines Lehrlings, die Verläßlichkeit und Liebe zum Beruf zu testen. Arbeitswille, Selbstdisziplin und Genauigkeit kann man vielleicht feststellen, aber das Gefühl und die Intelligenz, die man zur Feinabstimmung braucht und die erst mit der Arbeit mitwachsen, sind schwer abzuschätzen.
Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?
Indem ich sie möglichst selbständig arbeiten lasse.Wie verhalten Sie sich der Konkurrenz gegenüber? Als Konditor habe ich im weiteren Umfeld keine professionelle Konkurrenz außer den Fertigprodukten im Supermarkt und den Eigenerzeugnissen der Hausfrauen.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Beruf und Privatleben gehören zusammen, auch die Lehrlinge werden wie Familienmitglieder behandelt. Meine Mutter half bei Bedarf, meine Tochter lernte im Betrieb, und meine geschiedene Gattin führt heute die Wiener Filiale als eigenen Betrieb. Ich habe immer auf die Familie Rücksicht genommen.
Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben?
Wesentlich ist die Konzentration auf die Arbeit, viele schauen zwar zu, sehen aber nichts. Außerdem sollte man immer ein zweites Standbein haben, beispielsweise Bäckerei, Konditorei oder Gastgewerbe. Nur Mehlspeisen alleine sind nicht mehr zugkräftig genug.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Derzeit habe ich keine besonderen Ziele, weil kein Nachfolger in Sicht ist. Meine Töchter helfen gelegentlich aus, beide haben entsprechende Berufe gelernt, aber eine arbeitet im Betrieb ihres Mannes, die andere in Wien in der Telekommunikationsbranche. Ich glaube nicht sehr daran, daß sie diesen Betrieb einmal übernehmen werden.
Ihr Lebensmotto?
Zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sein.