Zum Erfolg von Gerhard Pendl
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Mein Wunsch war immer, meinen Beruf mit Anstand auszuüben, ohne mich dafür politisch zu verkaufen.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Erst als ich die Berufung nach Graz erhielt, fühlte ich mich erfolgssicher.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Mein Berufsweg war weitläufig und verschlungen. Als Sohn von sieben Kindern wuchs ich in der Nachkriegszeit vaterlos auf - ich kannte noch Mangel und Hunger um mich. So schlimm eine Situation war, meine Devise lautete: Niemals gebe ich auf! Startschwierigkeiten nahm ich in Kauf. Immer trieb mich die Motivation, einmal ordentlich meinen Beruf auszuüben. Ich erlebte viel, 1947 wollte mich sogar ein Indianer aus North Dakota adoptieren, doch das ließ meine Mutter nicht zu. Jedenfalls war ich ein eher frecher Junge in einer Schulzeit, wo man noch mucksmäuschenstill sein mußte. Ich wollte wissen, wie es ist, wenn man diese Ruhe bricht, und tat dies einmal. Mir wurde in der Folge tatsächlich nahegelegt, als Störenfried das Gymnasium zu verlassen. Deshalb kam ich also in die Lehre, und insofern war dieser Streich ein wichtiger Wendepunkt in meinem Leben. Ich war als Student schon ein einsamer Wolf, der sich eigenständig durchsetzte. Bestimmt legte ich zu wenig Wert auf Beziehungen, daher hatte ich wenig Unterstützung. Dreimal wurde ich für Primariatsbewerbungen in Österreich angesprochen, und - obwohl an die Spitze gewählt - fadenscheinig abgewürgt. Dieser Umstand ließ mich zu einem sehr systemkritischen Österreicher werden und sogar nach Amerika gehen. Einzig in der Steiermark, dafür muß ich Frau Klasnic und Herrn Landeshauptmann Krainer danken, konnte ich Offenheit erfahren - und das ohne Beziehungen! Eine Vaterfigur war Professor Müller an der Unfallchirurgie in Linz. Auch Professor Kraus, mein Lehrer, war ein wertvoller Mentor, sowie Kurt Müller. Nicht immer gab es bessere Vorgesetzte, doch es ist besser, seinen Chef aus der zweiten Linie zu unterstützen und zu korrigieren, wo es geht, und nicht, ihn zu bekämpfen.
Ab wann empfanden Sie sich als erfolgreich?
Am Gipfel meiner Laufbahn war ich bestimmt als Dekan, doch wesentlich bedeutsamer war für mich, im neurochirurgischen Bereich international anerkannt worden zu sein.
Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat?
Mein Vater fiel im Krieg, und daher hatte ich eigentlich keinen Mentor. Auch das Geld war knapp. Als ich vom Gymnasium flog und Drogistenlehrling wurde, traf ich dann doch auf einen modernen Lehrer und Förderer, der mir die Abendmaturaschule nahelegte; mit der Aussicht auf eine Filialleiterposition als Drogist (was ich nie werden wollte). Hilfe anzunehmen war oft nicht einfach, weil ich ja nichts dafür geben konnte. Ich konnte dem System Österreich beweisen, daß man es auch ohne Parteibuch schaffen kann, sich beruflich zu entfalten.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Mitteleuropäische Gesellschaften besuchte ich, noch ehe sich Herr Busek für den Osten einsetzte. Ich erfuhr viele internationale Auszeichnungen (mit dem Alter völlig automatisch, fast normal), und ehrlich gesagt, ich hätte das Ehrenkreuz für Kunst und Wissenschaft erwartet (auch wenn ich es nicht gebraucht hätte), aber ich habe eben bei keiner Partei eingereicht, sondern auf anständige, reguläre Art und Weise.
Wie werden Sie von Ihrem Umfeld gesehen?
Als hart, aber gerecht. Zum Lügen hatte ich zu wenig Merkfähigkeit. Also gewöhnte ich mir an, die reine Wahrheit zu sagen. Auch Spaß war zugelassen - dies drücken noch viele, mit denen ich arbeitete, immer wieder im Rückblick aus. Bestimmt polarisierte ich mit meiner Direktheit manchmal.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Manager zerstören ihre Familien, wenn sie aufgrund starker Reisetätigkeit mit Frau und Kindern ständig umziehen. Ein Jahr in Amerika mit meiner Frau und meinem Sohn als Baby war schon schwierig. Kinder brauchen feste Strukturen und leiden oft unter dem Unverständnis anderer gegenüber ihrer Kulturvielfalt, die sie bei häufigem Orts-, Lehrer- und Freundeswechsel erwerben.
Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben?
Junge Menschen sollen Visionen haben. Am einfachsten ist es, Karriere zu machen, wenn man jemanden kennt. Am besten ist es, Karriere zu machen, wenn man von jemandem seines Faches (und einem in sich ruhenden Menschen) gefördert wird. Ich habe meinen Sohn seinen Beruf frei wählen lassen, er wurde Biochemiker und Manager und stellte sich dem Risiko ohne Pragmatismus. Aber zu meiner Zeit wurden in Österreich die größten Schlitzohren zu Generaldirektoren bestellt, und daher erlaube ich mir, mich kritisch einzumischen. In Amerika wäre die österreichische Art des intriganten Vorgehens in der Personalauslese ein Skandal gewesen. Viele fachlich und menschlich qualifizierte Bewerber, die ich kannte, wurden übergangen, nur aufgrund verdeckter Seilschaften. Dennoch rate ich jungen Menschen, zu experimentieren und auszuprobieren, um die eigenen Potentiale zu finden. Sprechen, schreiben und rechnen soll wirklich fundiert in der Grundschule von ausgewogenen Lehrern beigebracht werden. Lebensnahes zu erlernen - Geschichte für ein humanistisches Menschenbild, Literatur, ein Musikinstrument zu erlernen - all das ist wesentlich, um später nicht so einfach über den Tisch gezogen zu werden. Unsere Kinder sollen nicht betrogen werden, sie sollen das Wesentliche lernen und keinesfalls dazu angeleitet werden, Fußnoten zu reproduzieren! Wie oft habe ich durchgefallene Studenten getröstet und interveniert! Aber auch Zivilcourage darf nicht fehlen. Von Lehrern und Vortragenden soll man als Student auch Qualität verlangen dürfen. Es gibt keine dummen Fragen. Zu fragen empfehle ich allen, die lernen wollen. Und es ist klar, daß man nicht alles wissen kann, aber auch das ist Vermittlung von Realitätsnähe.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Ich bin dabei, ein Buch fertig zu schreiben, welches sich mit einem kulturhistorischen Thema beschäftigt. Weiters möchte ich noch mit meinen Enkelkindern viel gemeinsame Zeit verbringen. Mögen sie mein Wissen anzapfen können! Gesundheit ist das Wichtigste! Ich wünsche mir, daß die europäische Kultur gewahrt bleibt und nicht verschandet wird.