Zum Erfolg von Michaela Waniek
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten mußten sehr viele kleine private Buchbindereien zusperren, da sie sich den geänderten Marktbedingungen nicht anpassen konnten. Unsere Firma gibt es immer noch, inzwischen seit fast 30 Jahren. Darauf bin ich stolz und sehe das als persönlichen Erfolg meines Mannes und mir. Als Unternehmerin kann ich mir die Zeit frei einteilen, kann eigene Entscheidungen treffen und bin niemandem Rechenschaft schuldig - auch das sehe ich als Erfolg.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Man muß flexibel bleiben, den Markt und die Kundenbedürfnisse genau beobachten. Es nützt nichts, über die goldenen Tage unseres Handwerks zu jammern, sondern man muß mit neuen Ideen das Geschäft in Schwung halten. So haben wir beispielsweise eine Homepage im Internet eingerichtet, wo die Möglichkeit besteht, Diplomarbeiten und Dissertationen per E-mail zu schicken, die Arbeit ist dann innerhalb von 24 Stunden gebunden und abholbereit. In Planung ist auch ein e-Shop, wo Kalender, Organizer, Gästebücher und ähnliches über das Internet bestellt werden können.
Ist es für Sie als Frau in der Wirtschaft schwieriger, erfolgreich zu sein?
Die Buchbinderei ist ja traditionsgemäß eine Männerdomäne. Früher verlangten Kunden manchmal nach dem Meister, wenn ich im Geschäft war. Aber dieses kleine Vorurteil ist inzwischen schon fast verschwunden, und ich habe als Frau keine Schwierigkeiten.
Welche Rolle spielen die Mitarbeiter bei Ihrem Erfolg?
Wir sind ein Team, in dem jeder durch seine Arbeit zum Erfolg beiträgt.
Nach welchen Kriterien wählen Sie Mitarbeiter aus?
Da man ja sehr viel Zeit miteinander verbringt, muß die Sympathie passen. Die menschliche Seite sollte ebenso stimmen wie der Fleiß und die Einsatzbereitschaft.
Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?
Jeder Mitarbeiter hat ein Aufgabengebiet, für das er verantwortlich ist. Auch persönliche Gespräche, der Teamgeist und das gute Betriebsklima sind motivierende Faktoren. Wir behandeln die Mitarbeiter nicht als Befehlsempfänger, sondern als eigenständige, verantwortungsbewußte Mitglieder im Team.
Welche sind die Stärken Ihres Unternehmens?
Wir arbeiten nicht nur für Universitätsbibliotheken und Institute, sondern binden auch Diplomarbeiten, fertigen Speisekartenmappen an oder binden Fachzeitschriften und Bundesgesetzblätter für Ärzte und Rechtsanwälte. In den letzten Jahren haben auch private Aufträge stark zugenommen: Sei es ein ganz besonderes Fotoalbum für die Hochzeit oder zur Geburt des Stammhalters, oder ein Erinnerungsbuch der Familie zum runden Geburtstag. Auch die alten Kochbücher der Oma oder das zerlesene Lieblingskinderbuch werden liebevoll restauriert und der Nachwelt erhalten. Eine unserer größten Stärken ist die fachkundige Beratung der Kunden, die in einem Copyshop nicht gewährleistet ist. Außerdem wollen wir Kurse für handmarmoriertes Papier anbieten.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Die Wohnung befindet sich im selben Haus wie die Buchbinderei, ich habe also keinen Streß durch lange Fahrzeiten oder Staus. Am Wochenende habe ich genügend Zeit, um mich zu erholen und Energie zu tanken. Ich kann Beruf und Privatleben daher sehr gut vereinbaren.
Wieviel Zeit verwenden Sie für Ihre Fortbildung?
Da Computer und Internet inzwischen auch in unserer Branche eine wichtige Rolle spielen, muß ich mich speziell auf diesem Gebiet ständig weiterbilden.
Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben?
Die Buchbinderei ist vielleicht kein Trendberuf, wir werden aber sicher nicht aussterben. Im Gegenteil: Es ist ein Beruf mit Zukunft, es wird ja immer mehr geschrieben und gedruckt. Es ist aber wichtig, flexibel und neuen Techniken gegenüber aufgeschlossen zu sein. Es ist ein schönes Handwerk, auch wenn die Ausbildung nicht mehr ganz zeitgemäß ist. In der Berufsschule wird noch immer gelehrt, wie ein Geschäftsbuch gemacht wird - alte Techniken, damit sie nicht in Vergessenheit geraten.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Wir nehmen an dem Projekt Innovation in Kleinunternehmen, das von der EU gefördert wird, teil. Hier sind wir hoffentlich erfolgreich, und ich wünsche mir, daß noch einige Generationen von Buchbindern in unserem Betrieb arbeiten können.