Zum Erfolg von Norbert Leser
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Erfolg ist für mich die Bestätigung, daß ich nicht umsonst gelebt habe und durch meine Arbeit Spuren hinterlasse. Das ist mir besonders wichtig, weil ich ja keine Kinder habe. Einer meiner Lehrer, der mich damals an die Universität Salzburg brachte, sagte immer: „Meine Bücher sind meine Kinder.“ Das sehe ich ähnlich.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Ja - ich bin an meinen persönlichen Problemen nicht gescheitert, sondern gewachsen und konnte die Erkenntnisse daraus meinem Werk zugute kommen lassen.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Mein Haupttalent war und ist die Rhetorik. Daher kam für mich nur ein Beruf in Frage, wo ich die Möglichkeit habe, mich zu produzieren und zu inszenieren, und wo andere gezwungen sind, mir zuzuhören. Daher zog ich damals drei Berufe in Betracht: katholischer Priester, Schauspieler oder Politiker. Daraus wurde zwar nichts, aber als Professor vereine ich ein wenig von all dem in mir. Ich erlebte mich im Laufe meiner Karriere immer „geführt“, im Guten wie im Bösen. Eine Laufbahn, wie ich sie gemacht habe, hätte man niemals planen können. Ein mitbestimmender Erfolgsfaktor war auch der mütterliche Ehrgeiz, wie es bei Einzelkindern häufig der Fall ist. Freud sagte: „Wer unbestrittener Liebling seiner Mutter geblieben ist, hat einen Siegeswillen, der nicht selten den Erfolg nach sich zieht.“
In welcher Situation haben Sie erfolgreich entschieden?
Die wichtigste Zeit für meine weitere Laufbahn war das Jahr in England an der London School of Economics. Dadurch konnte ich mich von meiner gewohnten Umgebung freispielen und die Luft der großen, weiten Welt atmen. So entstand der Wunsch, das, was ich in England gesehen und gelernt hatte, auch in Österreich zu etablieren.
Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat?
Während des Studiums sagte Professor August Maria Knoll zu mir: „Wollen Sie nicht eine universitäre Laufbahn einschlagen? Sie sind aus jenem Holz, aus dem man akademische Lehrer schnitzt!“ Damit gab er den Anstoß für meine Professoren-Karriere. Leider ist er zu früh verstorben, sodaß er meinen akademischen Erfolg nicht mehr miterleben konnte. Aus der österreichischen Geistesgeschichte möchte ich Dr. Ernst Karl Winter erwähnen, dem der Erfolg leider nicht vergönnt war, weil er zu kompromißlos war. Ich hörte damals seine Vorlesungen, und er wirkte sehr prägend auf mich. Eine ebenfalls prägende Beziehung hatte ich zu Dr. Herta Firnberg, die meine Laufbahn wesentlich förderte. Sie sah in mir lange den Parteirepräsentanten, doch als ich zunehmen kritischer wurde und das Buch „Salz der Gesellschaft“ veröffentlichte, kühlte sich unser Verhältnis ab, weil sie dieses Werk als Undank auslegte.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Trotz meines beruflichen Einsatzes habe ich auch immer intensiv gelebt. Leider verlief mein Privatleben nicht so erfolgreich wie die Universitätskarriere. Dadurch ist mir vielleicht viel entgangen, ich habe mir aber auch vieles erspart.
Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben?
Folgt eurer inneren Stimme und laßt euch nicht durch die Umwelt beirren. Nehmt Förderungen an und laßt euch führen - man stößt hauptsächlich durch Begegnungen auf geistige Inhalte und Zusammenhänge.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Ich hoffe, daß ich die Zeit, die mir noch vergönnt ist, möglichst ohne Schmerzen und geistig rege verbringen kann. Unter diesen Voraussetzungen fällt mir hoffentlich noch vieles ein, das publiziert wird und Spuren hinterläßt. Es ist eine wunderbare Bestätigung, wenn man seine Worte gedruckt sieht. Wer schreibt, bleibt.
Ihr Lebensmotto?
Flügel, die ein Gott dir leiht, tragen hoch und spannen weit. (Richard Billinger). Und auch einen Vers von Ina Seidl finde ich sehr passend: Ich fahre unerlöst durch diese Fremdnis hin, Gott sagt es mir dereinst, wer ich gewesen bin.