Zum Erfolg von Tatjana Polivanova-Rosenauer
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Ich habe am Beispiel meines Vaters sehr früh gelernt, dass das Erreichen eines Ziels mit viel Einsatz verbunden ist und dass man den Hindernissen nicht weichen darf. Gleichzeitig ist es für mich wesentlich, dass mich mein Fachgebiet interessiert. Erfolg zeigt sich für mich darin, die Aufgaben auch noch nach fast 30 Jahren mit Begeisterung zu erledigen und meinen Klient:innen bei der Problemlösung zu helfen, dabei flexibel sein und die eigene Strategie laufend adaptieren. Als Steuerberater:in ist man im Übrigen nicht nur Fachexpert:in, primär benötigt man Empathie und Kommunikationsfähigkeit im Umgang mit den Klienten und Behörden.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Man stellt sich diese Frage in der Regel nicht. Die Nachwuchssituation verlangt heute viel Zeit, diese fehlt mir für die Publikationstätigkeit, die wiederum für mich ein Meilenstein des persönlichen Erfolgs ist. Aber ja, ab und zu kommt flüchtig der Gedanke, dass man doch was erreicht hat.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Neben der fachlichen Kompetenz habe ich im Laufe der Zeit gelernt, nicht für den Klienten, sondern mit dem Klienten zusammen zu arbeiten, dabei gemeinsam nach einer aus seiner Perspektive effizienten Lösung zu suchen. Das spiegelt sich auch im Unternehmensmotto der Kanzlei: der WE FOR YOU Gedanke.
Ist es für Sie als Frau in der Wirtschaft schwieriger, erfolgreich zu sein?
Am Beginn meiner Karriere waren die Schwierigkeiten primär mit der Arbeitsmarktsituation (Stichwort: Überangebot an Absolventen) sowie meiner Herkunft verbunden. Generell war es für die Steuerabteilung einer großen Kanzlei nicht denkbar, eine Person, deren Muttersprache nicht Deutsch war, in die engere Auswahl zu ziehen. Als ich bei LeitnerLeitner begonnen habe, war weder dieser Umstand noch das Geschlecht von Bedeutung. Frauen in der Partnerschaft von LeitnerLeitner oder einer anderen Leitungsposition waren und sind auch nichts Ungewöhnliches. Allein ausschlaggebend war und ist bis heute die fachliche Kompetenz und die Persönlichkeit.
Ist Originalität oder Imitation besser, um erfolgreich zu sein?
Erfahrungsgemäß hat Beides ihren Stellenwert. Zusätzlich sind für mich Authentizität, Ehrlichkeit und Flexibilität wesentlich und in der Kommunikation unbedingt notwendig.
Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat?
Seit Anbeginn meiner Tätigkeit bei LeitnerLeitner habe ich eng mit Frau Univ. Prof. Dr. Sabine Kirchmayr-Schliesselberger, Vorstand am Institut für Finanzrecht an der Universität Wien, zusammengearbeitet. Sie ist bis heute meine Mentorin und ist für mich ein Vorbild, in der Beratung sowie der Wissenschaft. Sie ist eine der sehr wenigen Persönlichkeiten, die beide Bereiche optimal vereinen und zum Vorteil für den Klienten einsetzen kann.
Welches Problem scheint Ihnen in Ihrer Branche als ungelöst?
Die Nachwuchssituation ist ähnlich anderen Bereichen ein großes Thema. Abseits der demografischen Ursachen ist m.E. das Problem u.a. auf die Erziehung zurückzuführen und ist damit teilweise „hausgemacht“. Wenn das neueste iPhone ein Geschenk ist und nicht zumindest partiell durch Nebenjobs oder ähnliches verdient wurde, lernt ein Kind nicht, sich Ziele zu setzen und auf diese hinzuarbeiten. Damit fehlen auch später entsprechende Anreize, um eine bestimmte Position im Unternehmen oder auch generell beruflichen Erfolg anzustreben. Unlösbar ist aber auch dieses Problem nicht.
Nach welchen Kriterien wählen Sie Mitarbeiter aus?
Ich hatte bisher das Glück, dass die Bewerber:nnen ein ausgeprägtes Interesse an der Besteuerung des Kapitalvermögens und auch an LeitnerLeitner zeigten. Ansonsten erkennt man in einem Bewerbungsgespräch sehr rasch, ob der Bewerber ins Team passen würde. Das zeigt sich meist am besten, wenn man auf das eigene Bauchgefühl vertraut. Im Gegensatz zu einigen Kollegen hatte ich bis jetzt z.B. kaum die Frage nach Home-Office gehört. Für einen Berufsanfänger:in wäre dies ohnehin kaum von Vorteil, da man vieles durch Umgang mit Kolleg:innen oder bloßes Zuhören bei einer internen Diskussion lernt. Abgesehen vom fachlichen Know-how muss auch die Kommunikation mit Klienten erlernt werden, womit aber dem persönlichen Kontakt und dem Telefon doch mehr Bedeutung zukommt, als einer zuhause verfassten E-Mail. Als soziale Wesen sind wir auf die persönliche Kommunikation und Interaktion mit anderen angewiesen.
Welche sind die Stärken Ihres Unternehmens?
LeitnerLeitner gehört zu den führenden Kanzleien im Bereich Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung und Financial Advisory Services in Zentral- und Süd-Osteuropa. Uns zeichnen hochqualifizierte Beratung, Nähe am Mandanten sowie effizientes Herangehen an eine Problemstellung aus. Eine unserer Stärken ist auch teamübergreifende Zusammenarbeit über die Standorte hinaus. „Fachfremde“ Fragestellungen werden nicht im eigenen Team behandelt, sondern an jene Person weitergegeben, die diese im Hinblick auf die Kompetenz und Effizienz am besten beantworten kann. Unsere Besonderheit ist zudem die jahrelange Verbindung der steuerlichen und rechtlichen Beratung. Die Kooperation mit LeitnerLaw bzw der Vorgängerkanzlei wird seit 2003 im Sinne einer steuerzentrierten Rechtsberatung eng gelebt, anfangs im kapitalmarktrechtlichen Bereich, heute besonders bei der Beratung der Private Clients oder der Personalverrechnung (Stichwort: Arbeitsrecht). Bereits damals hat man erkannt, dass ein umfassendes steuerliches und rechtliches Leistungspaket dem Mandanten einen wesentlichen Mehrwert bringt.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Es ist nicht einfach, aber machbar. Meine Eltern waren beide berufstätig, für mich war es normal, dass ich sie nur abends und am Wochenende gesehen habe. Nach der Geburt unserer Kinder haben daher mein Mann (er ist Psychologe und Psychotherapeut) und ich eine wirtschaftlich basierte Entscheidung getroffen. So hat er jeweils in den ersten Jahren die Kinderbetreuung übernommen und ich habe uneingeschränkt gearbeitet. Meine Erfahrung zeigt, dass mit klarer Aufgabenteilung und persönlichem Einsatz, Beruf und Privatleben jedenfalls miteinander vereinbar sind. Allerdings funktioniert das nur, wenn der Rückhalt des Partners und auch des Unternehmens vorhanden ist. Dann ist nahezu alles möglich.
Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben?
Steuerrecht, aber auch jedes andere Rechtgebiet bieten zahlreiche Felder für die berufliche Entwicklung an. Diese muss man erkennen und anstreben, zum eigenen USP entwickeln. Wer sich für den Steuerberaterberuf interessiert, sollte das Interesse und das „Wollen“ mitbringen. Unsere Tätigkeit erschöpft sich nicht in der Steuererklärung oder der Umsetzung der gesetzlichen Vorschriften. Man ist Vertrauensperson für den Mandanten und dadurch ist jede Aufgabenstellung immer anders.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Ohne Gleichgewicht zwischen Beruf und Privatleben können berufliche Ziele nicht erreicht werden. Das Ausbalancieren beider Bereiche ist für mich in der Zukunft genauso wichtig wie die Weitergabe meines steuerlichen und klientenbezogenen Know-hows an meine Mitarbeiter:innen. Meine Nachfolger:innen sollten in der Lage sein, die Betreuung meines Klientenstocks zu übernehmen und diesen erfolgreich weiterzuentwickeln. In meiner Position befinde ich mich zudem in einer privilegierten Situation und möchte natürlich unserer Gesellschaft dafür in den nächsten Jahren einiges an Engagement zurückgeben.