Zum Erfolg von Nikolaus Czempirek
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Das Gefühl zu haben, Nützliches gestiftet zu haben (quantitatives und qualitatives Wachstum), daß die Menschen daran Anteil hatten und zufrieden waren, und als Rückkopplung daraus auch selbst zufrieden zu sein.
Sehen Sie sich selbst als erfolgreich?
Daran habe ich nie gedacht - ich bekam immer neue Aufgaben.Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg? Ich nehme mir Zeit zu denken, wenn Zeit dafür ist und arbeite, wenn dafür Zeit ist. Denken nimmt bei mir aber einen größeren Raum ein. Ich bin ein Grenzgänger zwischen Theorie und Praxis, zwischen In- und Ausland. Wichtig waren das Interesse und die Gelegenheit, sich mit Fremdsprachen auseinanderzusetzen (ich spreche vier Fremdsprachen). Als Ganzheitler denke ich vernetzt, habe eine breite Sichtweise, bringe Fleiß und Intellektualität mit. Für gewisse Dinge habe ich Talent, z.B. setzte ich mich mit Menschen sehr detailliert auseinander. Meine ausgewählten Mitarbeiter müssen auf ihren Gebieten besser sein als ich. Ursprünglich wollte ich Verfahrenstechniker werden, das war nach dem Krieg aus finanziellen Gründen nicht möglich, daher habe ich mich in meinem Beruf der technischen Seite zugewandt. Mit einem Vorstandsposten habe ich nicht gerechnet, ehe ich in der Voest diese Aufgabe angeboten bekam. Es gab von mir nie ein Bewerbungsschreiben und ich habe auch nie um eine Gehaltserhöhung gebeten.
In welcher Situation haben Sie erfolgreich entschieden?
Einerseits bei Personalentscheidungen im Konzern - dabei habe ich mich selten geirrt - von 50 Entscheidungen im Top-Management (z.B. Pühringer, Strahamer) habe ich nicht einmal bei fünf danebengegriffen. Andererseits in Forschungsvorhaben und Märkten. Für die Voest habe ich z.B. das Corex-Verfahren an Land gezogen und auch sonst Trends erkannt.Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat? Geprägt wurde ich von Prof. Dr. Bouffier, meinem Lehrer - ein brillanter Denker und eloquenter Vortragender, der mir zeigte, daß neben Theorie auch Praxis wichtig ist. R. Lukesch, Vorstandsmitglied der Voest und mein erster Chef, der mich beruflich prägte und mir erste internationale Kontakte ermöglichte. A. Leysen und Dr. Herbert Koller (Voest-Vorstand) als gute Kameraden, von denen man sich etwas abschauen konnte.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Ich erfahre sowohl von Chefs als auch Kollegen Anerkennung. Meine Auszeichnungen sind ebenfalls eine Form davon.
Wie werden Sie von Ihrem Umfeld gesehen?
Ich denke, daß mich mein Umfeld als erfolgreich sieht - ich bin ein gründlicher Denker und Arbeiter. Ich habe immer meine Grundehrlichkeit behalten und wichtige Personen übertragen mir ihre Aufgaben. Meine Funktionen sehe ich nicht als Würde, sondern als Bürde im positiven Sinn.
Welche Rolle spielen die Mitarbeiter bei Ihrem Erfolg?
Ich pflege einen partizipatorischen Führungsstil, treffe keine einsamen Entscheidungen, sondern das Personal wirkt daran mit.Nach welchen Kriterien stellen Sie Mitarbeiter ein? Nach einem Anforderungsprofil. Berufliche Professionalität, Team- und Kommunikationsfähigkeit und hohe Intellektualität. Ich schätze Leute, die kritisch hinterfragen. Zuletzt muß nach der Cocktail-Theorie (verschiedene Charaktere) auch die Chemie im Team stimmen.
Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?
Führungskräfte benötigen einen hohen Grad an Selbstmotivation, ich motiviere sie durch regelmäßige Kontakte, spreche Positives und auch Negatives offen an und führe ständig Vier-Augen-Gespräche mit meinen Mitarbeitern.
Kennen Sie Niederlagen?
Die politisch begründete Entfernung des gesamten Voest-Vorstandes 1986 war ein bitterer Schlag. Im Zuge der Intertrading-Sache stand ich damals sogar vor Gericht.
Wie gehen Sie damit um?
Ich habe schnell eine klare Distanz gewonnen und mich der Zukunft zugewandt. Unsere Opferung bewirkte einen Strukturwandel und den Aufbruch in eine neue Zeit. Das sehe ich positiv. Viele meiner Vorschläge wurden im Nachhinein verwirklicht.Woraus schöpfen Sie Ihre Kraft? Ich beschäftige mich mit Philosophie, Geschichte und Lebensbildern anderer erfolgreicher Personen. In meiner Spitzenzeit habe ich Langstreckenlauf betrieben. Kraft tanke ich vor allem aus eigenen Überlegungen - nicht nur physisch, sondern vor allem geistig.Welchen Ratschlag möchten Sie an die nächste Generation weitergeben? Lebenslang lernen, sich weiterbilden, Sprachen lernen, learning by doing sowie theoretische Weiterbildung. Wirtschaftsfunktionen als Aufgaben sehen, nicht nur als Würde und ständig denken: Was du nicht willst was man dir tut, das füge auch keinem anderen zu.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Auch einmal Nein sagen zu können, mehr Zeit für mich zu haben und mich konditionell mit Golfen, etc. in Ordnung zu bringen. Mit 62 Jahren bin ich am Ende meiner Karriere.
Ihr Lebensmotto?
Nützlich zu sein, Menschen zusammenzubringen, Teams zu bilden, die gemeinsam ein höheres Ziel erreichen.