Zum Erfolg von Alfons Haider
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Erfolg bedeutet, unabhängig von den Großen und Mächtigen oder politischen Einflüssen eigene Ideen, eigenes Können und Talent durchzusetzen. In den letzten zwei Jahren habe ich begriffen, daß die Dinge, die ich transportiere, wichtiger sein sollten, als mein Image oder die Wertschätzung des Publikums, das sogenannte Beliebtsein. Ich war ohne Übertreibung jahrzehntelang sehr beliebt, aber seit zwei Jahren habe ich etwas dazubekommen - ich bin zum ersten Mal wirklich akzeptiert worden, und das ist für mich ein sehr wichtiger Punkt. Beruflicher Erfolg bedeutet die Möglichkeit, soweit unabhängig zu sein, daß man alles tun kann, was einem wirklich Spaß macht. Wir müssen aber leider immer wieder diplomatisch sein und oft zweitrangige Dinge tun, um in diesem System bestehen zu können. Man kann nur Schauspieler sein, wenn man von seinem Beruf hundertprozentig überzeugt ist. Ohne den kommerziellen Erfolg kann man nicht leben und überleben. Der kommerzielle Erfolg bedeutet für mich, daß das Produkt, in dem ich mich anbiete, oder das Stück, in dem ich spiele, vom Publikum verstanden und aufgenommen wird, egal ob im positiven oder negativen Sinn.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Feinde würden sagen, ich gehe über Leichen - ich würde es als Disziplin bezeichnen. Ohne wirkliche Disziplin (und die beginnt in meinem Fall schon bei der Ernährung - kein Alkohol, keine Zigaretten, Nächte nicht zum Tag machen) ist es nicht möglich, wirklich Karriere zu machen. Ich sage nicht, daß erfolgreiche Schauspieler oder Moderatoren wie Mönche leben sollten, aber eine ungeheure körperliche Disziplin ist wichtig. Es hat bei mir vielleicht fünf Jahre gedauert, bis ich populär wurde, jedoch zwanzig Jahre, bis ich wirklich gut war. Wichtig ist ein unerschütterlicher Glaube an mich selbst und eine ungeheure Liebe zu diesem Beruf. Es gibt nichts Schöneres für mich als eine Bühne, das Publikum oder die Fernsehkamera. Schauspieler zu sein, ist der schönste und gleichzeitig der schlimmste Beruf.Warum kann der Beruf auch schlimm sein? Weil vieles von den Medien diktiert wird. Wir kommen aber auch nicht ohne Medien aus, dadurch haben sie das Recht, uns zu benutzen.Wie gehen Sie mit Mißerfolgen um? Sie verletzen mich sehr, wobei man nie weiß, warum etwas ein Mißerfolg geworden ist. Anatol von Schnitzler war ein Erfolg in den Medien, ich aber war mit mir unzufrieden und mußte äußerste Disziplin aufbringen, um das Stück drei Monate lang zu spielen. Wenn ich mich erfolgreich fühle, bin ich ganz gern allein. Ich bin kein Erfolgsjubler. Hans Holt, den ich sehr schätze und mit dem ich seit über 20 Jahren befreundet bin, brachte mir bei, daß ein ganz wichtiger Faktor einer schauspielerischen Karriere Demut ist: Demut vor dem Beruf und vor dem Leben. Es scheint aber nicht ohne Schmerzen zu funktionieren. Dieser Beruf hinterläßt viele Narben, aber das schönste Pflaster für diese Narben ist das Publikum.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Es ist natürlich wunderschön, wenn wildfremde Menschen auf der Straße stehen bleiben und zu mir sagen: Ich finde Sie toll! Applaus gilt der Eitelkeit, und wer ist nicht eitel? Den Applaus auf der Bühne verdient man durch eigene Leistung, und den kann einem niemand wegnehmen.
Woraus schöpfen Sie Ihre Kraft?
Mit 37 Jahren hatte ich ein furchtbares Tief, das von schweren Depressionen begleitet war. Ich habe mich auf die Werte gestützt, die mir wichtig schienen - wenige Freunde, meine großartige Mutter, die mir Kraft gibt, und meinen Beruf, aus dem ich ebenfalls Kraft schöpfe.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Wichtig wäre mir, wenn ich 90 werde, so ruhig und bescheiden, wie Hans Holt zu sein, der eine absolut traumhafte Karriere hinter sich hat. Er hat 70 Jahre lang erfolgreich gespielt und ist dabei ein völlig normaler, bescheidener Mensch geblieben. Es ist mir vor allem wichtig, vor nichts Angst zu haben.
Ihr Lebensmotto?
Es gibt nichts Verbotenes, außer man tut es nicht!