Zur Karriere von Johann Kurzbauer
Welche waren die wesentlichsten Stationen Ihrer Karriere?
Ich wuchs als jüngstes von sechs Kindern in einer Großfamilie auf. Im Alter von 19 Jahren begann ich in Folge des Ablebens meines Vaters alleine mit meiner Mutter den Hof von zehn Hektar zu bewirtschaften, was ich bis heute aktiv ausführe. Nach acht Jahren in der Landwirtschaft nahm ich von Mai bis September 1971 an einem Umschulungskurs teil, der von der Arbeitsmarktförderung der Raiffeisen Landesbank Wien und der Niederösterreichischen Versicherung finanziert wurde. Alle Teilnehmer erhielten die Zusage für einen Arbeitsplatz nach Absolvierung des Kurses. Aus den möglichen Sparten Lagerhaus, Versicherung oder Raiffeisenbank entschied ich mich für das Bankgeschäft. In der Folge erhielt ich eine Anstellung in Preßbaum, wo ich von der Pike auf mit dem Sortieren von Belegen begann, anschließend in Neulengbach, wo ich bis 1982 tätig war. Ein einschneidender Schnitt bedeutete das Angebot, die Geschäftsleitung der Zweigstelle Böheimkirchen mit zehn Mitarbeitern zu übernehmen. Anfangs war es eine harte, aber zugleich sehr schöne Zeit, in der ich durch Persönlichkeitsseminare sehr stark profitieren konnte, und das nicht nur fachspezifisch - vielmehr sehe ich darin rückblickend den Grundstein für meine spätere politische Zukunft. Im Zeitraum bis 1994 konnte ich gemeinsam mit einem anderem Geschäftsleiter - nach dem Vier-Augen-Prinzip - nach Fusionen auf eine Belegschaft von 28 Mitarbeitern mit einer Bilanzsumme von einer Milliarde Schilling aufstocken. Seit Beginn meiner politischen Tätigkeit bin ich karenziert. Bereits in der Jugend verspürte ich Interesse für Politik, dann stand allerdings immer der Beruf im Vordergrund, bis im Alter von 50 Jahren mein Interesse wieder erwachte. Ende der achtziger Jahre begann ich die Mitarbeit auf Ortsebene, dann - nach Einführung des Vorwahlmodells durch die ÖVP - wurde ich im Mai 1994 nach einer Briefwahl dritter von 50 Kandidaten, und als die beiden erstgereihten im Juni auf ihrer Kandidatur verzichteten, befand ich mich in der Position des Spitzenkandidaten. In der Folge wurde ich durch ein Direktmandat in den Nationalrat gewählt, wo ich seither ohne Unterbrechung die Funktion eines Abgeordneten wahrnehme. Im Jahr 2000 gelang es uns, ein zweites Mandat in meinem Wahlkreis zu erreichen. Etwas unüblich - und anfangs nicht leicht - war meine zeitgleich 1994 erfolgte Nominierung für den Gemeinderat, 1995 wurde ich zum Bürgermeister meiner Gemeinde Neulengbach gewählt. In dieser schwierigen Kombination war ich immer mehr der Bürgermeister als der Abgeordnete und konnte mich in dieser Aufgabe deutlich mehr profilieren. Bereits während der ersten Periode konnten wir halten, was versprochen hatten, was vor allem die Bereiche Kanal, Wasser, Straßenbau und Infrastruktur sowie den Bildungsbereich betraf. So wurden die Kindergartenplätze verdoppelt, wodurch jedem Kind ab drittem Lebensjahr ein Platz garantiert werden kann. Auch die beiden Volksschulen wurden ausgebaut und mit Turnhallen auf neuesten Stand gebracht. Ein weiteres Projekt, die Umgestaltung des Ortskerns, wurde begonnen und dauert noch an, der Sportplatz Wienerwaldstadion wird neu gestaltet. Besonders erwähnenswert ist die Erhebung zur Stadt im Jahr 2000 durch die Landesregierung, seit 2002 sind wir Stadterneuerungsgemeinde, und ein Kinderspielplatz, wo Kinder und Eltern in die Planung eingebunden waren, wurde mit einem Preis ausgezeichnet. Im Kulturbereich begannen wir die Vermarktung Egon Schieles, der 1911 und 1912 hier wohnte, durch Schaffung eines Museums und ein jährliches Festival mit Künstlern. Im April dieses Jahres wurde ein Kulturpfad eröffnet mit 14 Stationen und sechs Schautafeln pro Informationspunkt, der unter anderem in den Geschichtsunterricht eingebaut wird. Unsere Zielgruppe im Tourismusbereich ist der Tagestourist, ein Problem stellt dabei unsere Nähe zu Wien dar. Ein wichtiges Ziel besteht darin, die Kaufkraft von den Großmärkten auf der Bundestrasse B19, an der bis zu 15.000 Kraftfahrzeuge pro Tag verkehren, durch Maßnahmen verstärkt ins Ortsgebiet zu bringen. Da 70 Prozent der Käufer aus anderen Gemeinden kommen, wird Neulengbach als Zentrum anerkannt, in Zusammenarbeit mit Experten ist die Schaffung von Parkplätzen und kulturellem Angebot in Arbeit.