Zum Erfolg von Edith Judtmann
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Erfolg bedeutet für mich grundsätzlich, daß alle zufrieden sind.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Nein. Ich bin nicht zufrieden. Ich bin mit der Wirtschaft, wie sie zur Zeit betrieben wird, definitiv unzufrieden, weil sie kalt ist. Eine Generation geht in Pension oder stirbt weg, und die nachfolgende wütet herum, wie sich am Beispiel OMV zeigt. Ein sehr lieber Freund, der OMV-Direktor war und inzwischen selbst in Pension ist, hat einmal zu mir gesagt: Die mit den Gummistiefeln haben die OMV aufgebaut, und die mit den Lackschuhen machen sie kaputt! - ein Satz, den man auf die heutige Managergeneration größtenteils anwenden kann.Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg? Viel Arbeit und der Zusammenhalt in der Familie waren ausschlaggebend, um das Unternehmen aufzubauen. Ich habe außerdem sehr gute und verläßliche Mitarbeiter, die für den Erfolg eines Kleinunternehmens wie unserem unabdingbar sind.
Wie begegnen Sie Herausforderungen des beruflichen Alltags?
Als Frau in einem technischen Betrieb begegne ich Herausforderungen kratzbürstig. Nicht aggressiv, aber bestimmt.Ist es für Sie als Frau in der Wirtschaft schwieriger, erfolgreich zu sein? Ja. Als Frau in einem Bereich wie diesem ist es ungemein schwierig, erfolgreich zu sein, weil Männer Führungspositionen im allgemeinen für sich beanspruchen. Eine Frau, die etwas erreichen möchte, muß sich auf die Beine stellen, und eine gewisse Spezies von Männern verträgt das absolut nicht. Die Folgen, die sich daraus ergeben, muß man als Frau zu tragen imstande sein, wenn man erfolgreich sein möchte.Ist Originalität oder Imitation besser, um erfolgreich zu sein? Authentizität ist mir grundsätzlich das Wichtigste, aber in der Produktion selbst kann es natürlich keine Originalität geben, weil die Vorschriften für explosionsgeschützte Betriebsmittel viel zu genau sind, um daran zu rütteln.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Anerkennung für unsere Firma besteht darin, daß uns große Konzerne um Rat bitten und unsere Expertise einholen. Diese Anerkennung gebührt aber nicht mir persönlich, sondern allen zwölf Beteiligten. Grundsätzlich bedeutet mir die Anerkennung der eigenen Familie am meisten, und da ich einen wunderbaren Mann und zwei anständige Söhne habe, bin ich im privaten Bereich sehr glücklich.Welches Problem scheint Ihnen in Ihrer Branche als ungelöst? Es gibt im Moment ein ungelöstes Problem, das allerdings nicht auf meine Branche beschränkt ist, nämlich daß österreichische Konzerne so furchtbar gern wegen zwei bis drei Euro pro Stück ins Ausland einkaufen gehen. 50 Prozent der Arbeitsplätze in der Industrie sind auf kleine Unternehmen mit zwei bis acht Arbeitnehmern verteilt, und es stellt sich die Frage, was mit diesen Arbeitskräften geschieht, wenn diese Firmen aufgrund der derzeitigen Taktik zugrunde gehen und vom Markt verschwinden.
Welche Rolle spielen die Mitarbeiter bei Ihrem Erfolg?
Die Mitarbeiter spielen beim Erfolg eines Unternehmens die größte Rolle.Nach welchen Kriterien wählen Sie Mitarbeiter aus? Ich habe schon lang keine Mitarbeiter mehr eingestellt, da ich sehr langjährige Beschäftigte habe. Wir bilden unsere Fachkräfte seit den fünfziger Jahren alternierend aus, das heißt, wenn ein Lehrling fertig ist, steht der nächste schon im ersten Lehrjahr, was ich im übrigen vielen Unternehmern raten würde.
Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?
Wir motivieren unsere Mitarbeiter durch Lob und indem wir ein wirklich gutes Verhältnis zu ihnen pflegen. Mit Geld motiviere ich eher ungern.Welche sind die Stärken Ihres Unternehmens? Die Stärke unseres Unternehmens läßt sich in einen Begriff zusammenfassen, und der lautet Know-how.Wie verhalten Sie sich der Konkurrenz gegenüber? Es gibt für uns nicht sehr viel Mitbewerb, doch branchenintern sind wir die kleinste Firma. Wir beschäftigen sehr gute Mitarbeiter und ließen uns 2003 nach ISO und ATEX-Norm zertifizieren, aber gegen die Großen der Branche kommen wir sehr schwer an. Ich hatte bei den kürzlich stattfindenden Wirtschaftskammerwahlen zwei Wahlsprüche: Wer in Österreich kauft, macht Öster-REICHER, und Die großen Lieferanten machen die kleinen Kunden kaputt, und die großen Kunden machen die kleinen Lieferanten kaputt!
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Heute ist das einfacher, weil meine Söhne schon lang erwachsen sind, aber ich kann mich nur zu gut an die Zeit erinnern, in der ich stillend im Büro gesessen bin. Ich denke, daß es jungen Frauen in dieser Situation heute ein bißchen besser geht, aber es geht ihnen noch lange nicht gut genug.Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben? Meinen eigenen Kindern brauche ich keine Ratschläge mehr zu erteilen - einer meiner Söhne ist in meinem Unternehmen tätig, der andere leitet eine Werbeagentur -, aber meinen Enkeln würde ich raten, sich nicht mehr selbständig zu machen. Selbständigkeit bedeutet viel Arbeit und viele Sorgen.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Mit 62 Jahren hat man nicht mehr allzuviele Ziele. Ich möchte das Unternehmen langsam, aber sicher meinem älteren Sohn übergeben und mich immer mehr zurückziehen, wobei ich ihm auch in Zukunft gerne mit Rat und Tat zur Seite stehe.
Ihr Lebensmotto?
Humor macht alles leichter.