Zum Erfolg von Ingeborg Gasser
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Kann ich alle Belange des Berufes und der Familie sowie kulturelle und persönliche Bedürfnisse bestens vereinbaren, fühle ich mich erfolgreich.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Ich bin autonom und habe alle Lebensbereiche in Balance - insofern sehe ich mich als erfolgreich.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Ich verfüge über eine gute Sprachkompetenz in meinen drei Arbeitssprachen Deutsch, Französisch und Russisch. Über die Ausbildung hinausgehend eignete ich mir die Sprachkompetenz in den von mir beherrschten Fremdsprachen im Zuge langjähriger Auslandsaufenthalte an, ich habe sowohl in Frankreich, als auch in der UdSSR bzw. in Rußland jeweils etwa vier Jahre lang gelebt. Insofern schöpfe ich aus dem Vollen. Ich kommuniziere gerne und genieße den Umgang mit Menschen, vor allem auch mit Menschen aus anderen Kulturkreisen grundsätzlich sehr, und diese Freude am Umgang mit Menschen gekoppelt mit meiner Neugier trägt dazu bei, daß meine Berufsmotivation eine sehr hohe ist. Meine Wendigkeit kommt mir zugute, ich kann mich leicht von einer Kommunikationssituation auf eine vollkommen andere umstellen und in Gesprächen rasch von einer Sprache zur anderen wechseln. Natürlich ist Genauigkeit in meinem Beruf unabdingbar.
Wie begegnen Sie Herausforderungen des beruflichen Alltags?
Ich löse private und berufliche Probleme in der Regel sofort.
Ist es für Sie als Frau in der Wirtschaft schwieriger, erfolgreich zu sein?
Dolmetschen und Übersetzen sind Berufe, die traditionell in fester weiblicher Hand sind. Diese Berufe erfordern Kompetenzen, wie vernetztes Denken, Organisationstalent, Flexibilität, kommunikative und soziale Fähigkeiten, sowie Einfühlungsvermögen, die offensichtlich eher Frauen mitbringen. Ich habe eigentlich keine Nachteile, weil ich eine Frau bin. Auch habe ich mich immer auf die Solidarität anderer Frauen – meiner Mutter etwa oder meiner langjährigen Freundin und Mitarbeiterin Christèle Fafournoux – verlassen können, sodaß ich auch Aufträge, die mitunter eine längere Abwesenheit bedingen, problemlos annehmen kann. Für meinen Erfolg hat es sich als Vorteil erwiesen, daß ich als Frau immer gezwungen war, verschiedene Aufgabenbereiche zu vereinen.
Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat?
Es besteht die Gefahr, daß Kinder die Muster der Eltern (meist aus Treue oder Liebe) blind nachahmen. Für wichtig erachte ich, Kinder darin zu fördern, daß sie auf ihr eigenes Inneres zu hören lernen, und vor allem die Zeichen ihrer Zeit zu erkennen und ihren eigenen Weg gehen lernen um sich über elterliche Vorgaben hinaus an unterschiedlichen Menschen zu orientieren. Mir war mein Vater als Bauunternehmer insofern Vorbild, als er mich zu selbständigen, verantwortungsbewußten Handeln inspirierte. Meine Mutter wiederum ist ein Organisationsgenie und hat mir in einer Zeit, als das noch nicht so selbstverständlich war, überzeugend vorgelebt, wie man Berufs- und Privatleben unter einen Hut bringen kann.
Welche sind die Stärken Ihres Unternehmens?
Ich selbst bin die Stärke meines Unternehmens. Ich nehme jeden Auftrag gleich ernst und jeder Kunde liegt mir gleich am Herzen.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Mein Arbeitsplatz befindet sich in meiner Privatwohnung, und auch wenn ich mir eine Kernarbeitszeit einteile, so arbeite ich zeitlich dennoch sehr flexibel. Mit Menschen aus dem beruflichen Umfeld halte ich sehr gute Arbeitsbeziehungen, vermische diese Kontakte aber nicht mit privaten.
Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben?
Ich empfehle jungen Menschen, die Zeit, in der sie leben, so gut wie möglich wahrzunehmen, um den Spürsinn für günstige Gelegenheiten zu schärfen. Dazu ist es notwendig, die Meinungen der älteren Generation nicht zu stark zu gewichten, sondern eigenen Impulsen zu folgen. Wer schon früh auf das harmonische Zusammenspiel aller Lebensbereiche achtet, bleibt in guter Balance und verausgabt sich nicht einseitig, wie es heute leider ohne Rücksicht auf Verluste viele Männer tun, indem sie sich ausschließlich auf den Beruf konzentrieren. Für meine drei Söhne würde ich mir daher wünschen, daß für sie später nicht die Arbeitswelt allein Indikator für Erfolg ist.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Die Perfektionierung meiner Sprachkompetenz in den Sprachen Russisch, Französisch, Deutsch und zusätzlich Englisch ist mir weiterhin ein Anliegen. Ich bin offen für neue Aufgabengebiete und möchte mich auch gerne weiterbilden. Manchmal träume ich davon Literatur zu übersetzen, ich glaube das wäre ein gutes Heilmittel gegen die Schnelligkeit, in der ich zumeist lebe.