Zum Erfolg von Shirin Maghsudi
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Für mich ist Erfolg nicht gleichzusetzen mit Geld. Wenn ich einen guten Cocktail mixe, über den sich der Gast freut, habe ich zum Beispiel für ein paar Minuten Erfolg. Beruflicher Erfolg liegt für mich darin, daß immer mehr Gäste ins Cortez kommen. Mein Erfolg ist es auch, daß ich in einem Alter, in dem andere nur Spaß haben wollen, mit beiden Beinen fest im Leben stehe und wirklich weitergekommen bin.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Nein. Ich bin erst dann erfolgreich, wenn ich mehrere Cortez-Filialen in Wien führe.
Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg?
Ich habe mich für meinen Erfolg sehr engagiert und hatte abgesehen von meinem Freund, der mir in vielen Belangen weitergeholfen hat, niemanden, der mich zum Beispiel finanziell unterstützt hätte. Ich habe bisher alles aus eigener Kraft geschafft, und darauf kann ich auch stolz sein.
Wie begegnen Sie Herausforderungen des beruflichen Alltags?
Für mich ist jeder Arbeitstag eine neue Herausforderung. Wenn ich morgens aufstehe, denke ich sofort daran, was ich an diesem neuen Tag machen kann. Ich bin ein Mensch, der sich Ziele steckt und sie auch erreicht. Wenn ich mir etwas vornehme, gebe ich so lange nicht auf, bis ich es erreicht habe.
Ist es für Sie als Frau in der Wirtschaft schwieriger, erfolgreich zu sein?
Niemand hat mir zugetraut, mit 23 Jahren ein Lokal zu übernehmen, und als ich es übernahm, waren alle Mitarbeiter älter als ich. Ich mußte mich durchsetzen, denn anfangs brachten sie mir nicht viel Respekt entgegen. Ich mußte beweisen, daß ich dazu fähig bin, Mitarbeiter zu führen. In der Gastronomie ist es für mich als Frau sicher schwieriger, als Geschäftsfrau akzeptiert zu werden. Ich stamme außerdem aus einer Kultur, in der es nicht üblich ist, daß Frauen diesen Beruf ausüben. Da ich nie abhängig von meinen Eltern sein wollte, arbeitete ich schon mit 16 als Kellnerin, was für viele Menschen aus meinem Kulturkreis abschreckend war, da man in Persien als Mädchen nicht in dieser Rolle akzeptiert wird. Davon ließ ich mich aber nicht abschrecken, denn ich hörte nicht auf die anderen, sondern konzentrierte mich auf mein Ziel.
Ist Originalität oder Imitation besser, um erfolgreich zu sein?
Ich glaube, daß beides seine Berechtigung hat.
Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat?
Ich hatte kein großes Vorbild oder Idol. Alles, was ich erreicht habe, habe ich aus eigener Kraft geschafft.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Anerkennung empfinde ich, wenn mir meine Stammgäste Blumen bringen und mir sagen, daß sie nur wegen mir hierher kommen.
Welches Problem scheint Ihnen in Ihrer Branche als ungelöst?
Ich ärgere mich sehr, wenn ich an Lokalen vorbeigehe, die durch sehr niedrige Preise Publikum anlocken. Mit meinen Preisen liege ich ziemlich in der Mitte. Ich finde es auch traurig, daß in der Gastronomie niemand miteinander arbeitet, sondern neidisch auf die Konkurrenz schaut und ihr den Erfolg nicht gönnt.
Wie werden Sie von Ihrem Umfeld gesehen?
Es gibt in meinem Umfeld sowohl Neider als auch Menschen, die mir meinen Erfolg gönnen.
Welche Rolle spielen die Mitarbeiter bei Ihrem Erfolg?
Ich habe mir in der Zwischenzeit ein neues Team zusammengestellt, mit dem ich sehr gut zusammenarbeite. Ohne gute Mitarbeiter wäre es sehr schwierig, mein Lokal erfolgreich zu führen, daher spielen sie beim Erfolg eine tragende Rolle.
Nach welchen Kriterien wählen Sie Mitarbeiter aus?
Eine gute fachliche Ausbildung ist mir sehr wichtig, aus diesem Grund arbeite ich nur mit Profis zusammen. Viele Bewerber überschätzen sich und unterschätzen die Tätigkeit in der Gastronomie, weil sie glauben, sie sei nicht anspruchsvoll, was aber nicht zutrifft.
Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?
Meine Mitarbeiter sind grundsätzlich durch den Erfolg des Lokals motiviert. Ich glaube, daß ich sie motiviere, weil ich selbst alle Arbeiten verrichte und nicht die Chefin spiele - ich wasche genauso Geschirr ab oder leere Aschenbecher aus wie meine Kellner und denke, daß ich damit eine Vorbildfunktion ausübe. Außerdem lachen wir viel miteinander und haben Spaß an unserer Tätigkeit.
Welche sind die Stärken Ihres Unternehmens?
Unsere hervorragenden Cocktails, die nicht teuer sind, sind unsere größte Stärke. Wir haben jeden Tag eine Happy Hour und richten uns nach den Wünschen unserer Gäste - wenn sie in Stimmung sind und tanzen möchten, drehen wir gern die Musik lauter. Unsere Gäste können sich im Cortez absolut wohlfühlen, und viele unserer Stammgäste betrachten das Lokal wie als ihr erweitertes Wohnzimmer. Eine weitere Stärke ist unsere Küche: wir bieten mexikanische Speisen, und ich beschäftige eine sehr gute Köchin sowie einen mexikanischen Koch, die ihr Handwerk verstehen.Wie verhalten Sie sich der Konkurrenz gegenüber? Ich interessiere mich dafür, was meine Mitbewerber machen, betrachte sie aber nicht als Konkurrenten, weil jeder seine eigene Arbeitsweise und seinen eigenen Stil hat.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Ich habe momentan sehr wenig Zeit für meine Familie bzw. meine Eltern, aber sie gönnen mir meinen Erfolg und akzeptieren mein Engagement. Mir ist generell bewußt, daß man in der Gastronomie ein sehr spärliches Privatleben hat, aber da mir meine Arbeit Spaß macht, bin ich einfach gern im Lokal.
Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben?
Das wichtigste ist meines Erachtens, ein Ziel zu haben und dieses konsequent zu verfolgen, ohne sich dabei darum zu kümmern, was die anderen sagen. Einem jungen Menschen - ich bin ja selbst noch jung - würde ich außerdem dringend raten, die Schule abzuschließen. Ohne Fachausbildung oder Matura hat man heute absolut keine Chance, am Arbeitsmarkt zu bestehen.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Mein großes Ziel ist es, mit 40 mehrere Filialen des Cortez zu führen. In naher Zukunft möchte ich das Lokal um die Kellerräumlichkeiten erweitern, wo ich Live-Musik und eine Tanzfläche bieten werde.
Ihr Lebensmotto?
Nie aufgeben.