Zum Erfolg von Jasminka Godnic-Cvar
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Erfolg ist keine durchgehende Linie, sondern zeigt sich eher punktuell. Erfolg ist das Resultat anstrengender Arbeit, Erfolg ist die Konsequenz eines privaten Ereignisses, das einen mit Freude erfüllt, die Heilung eines Patienten, Anerkennung seitens der Kollegen und ähnliches, aber Erfolg ist nicht permanent und zuweilen unterbrochen von anderen Ereignissen. Um mich erfolgreich zu fühlen, brauche ich den positiven Abschluß einer Arbeit, eines Vortrages, eines Gutachtens, einer intensiven Tätigkeit. Erfolg ist das Resultat von Arbeit, Anstrengung und Forschung. Erfolg kann aber durchaus auch einen negativen Beigeschmack haben, wenn man darunter nur Geld und Macht versteht.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Ja, ich sehe mich schon als erfolgreich. Ich habe einige Hürden überwunden und einiges erfolgreich bewältigt.Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg? Da gab es natürlich viele Ereignisse. Die persönlichen Lebensumstände, die Erziehung, der ausgeprägte Wunsch, Ärztin zu werden, und die körperlichen und geistigen Voraussetzungen, welche die Verwirklichung dieses Wunsches ermöglichten. Hinzu kamen Ausdauer, Leistungsbereitschaft und die Möglichkeit, meine Tätigkeit auch auszuüben. Ist es für Sie als Frau schwieriger, erfolgreich zu sein? Ja, Frauen haben einen schwereren Lebensweg, was in unserer Kultur begründet ist, die uns Frauen weniger Eigenständigkeit einräumt. Eine Professorin sagte mir einmal: „Wenn Sie auf der gleichen Stufe wie ein Mann stehen möchten, dann müssen Sie mindestens zweieinhalb Mal so gut sein wie er.“ Schließlich hat eine Frau auch familiäre Belastungen zu tragen und muß viele Hürden nehmen. Es ist aber trotzdem möglich, auch als Frau Erfolg zu haben: man muß über einen starken Willen und ein großes Durchhaltevermögen verfügen.
Ab wann empfanden Sie sich als erfolgreich?
Eigentlich schon während des Gymnasiums. Ich erinnere mich an eine strenge Kroatisch- und Literaturprofessorin, die eines Tages sagte, sie sei stolz, mich als Schülerin gehabt zu haben.
In welcher Situation haben Sie erfolgreich entschieden?
Die größte, wichtigste und erfolgreichste Entscheidung war meine Berufswahl. Erfolgreich war für mich ebenfalls die Entscheidung, in einer familiär schwierigen Situation nach Amerika zu gehen und ein Jahr dort zu bleiben. Obwohl es sehr hart war, stellte es sich schließlich als sehr gut heraus. Erfolgreich war jedenfalls auch meine Entscheidung, Kinder zu bekommen. Gibt es jemanden, der Ihren beruflichen Lebensweg besonders geprägt hat? Ich denke, prägend waren für mich meine Großmutter, die selber Ärztin werden wollte, und meine Eltern, die für mich große Vorbilder waren. Mein Vater ist ein großer Humanist und Moralist, und meine Mutter war eine sehr engagierte Frau. Zwei meiner Vorgesetzten - einer in Zagreb, einer in Wien -, ließen mich immer gewähren und unterstützten mich, wenn ich Ideen hatte. Es gab auch zwei Universitätsprofessoren, Prof. Kraft und Prof. Scheiner, die mich aufnahmen, als ich nach Wien kam, und mir die Chance gaben, in ihren Labors zu arbeiten.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Anerkennung erfuhr ich immer wieder von Kollegen, Freunden und Familie. Die Gastprofessur in Wien war ebenfalls eine Form von Anerkennung.Welches Problem scheint Ihnen in Ihrer Branche als ungelöst? Einerseits spezialisiert sich die Medizin immer mehr, während es andererseits immer notwendiger wird, den Menschen als Ganzes zu betrachten, wie dies praktische Ärzte, Internisten, Arbeitsmediziner, Schulmediziner und Pädiater tun. Ein weiteres Problem ist die Überforderung der Ärzte durch die wissenschaftliche Arbeit. Wer in der Medizin wissenschaftlich weiterkommen will, wird überfordert und läuft Gefahr, eines Tages ausgebrannt zu sein. Hier wäre eine bessere Organisation nötig.Welche sind die Stärken Ihrer Ordination? Zeit - ich nehme mir viel Zeit für den Patienten und gehe auf seine Persönlichkeit ein.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Die Vereinbarkeit dieser beiden Bereiche ist sehr schwierig. Man kann nichts gut machen, wenn man es nicht ganz macht. Man sollte ganz bei der Familie sein, und man sollte ganz im Beruf dabei sein. Zwischen diesen beiden Polen bewegt sich das Leben. Glücklicherweise habe ich viel Unterstützung von meinem Mann und meinen Eltern. Ohne dieses familiäre Umfeld wäre es nicht möglich.Wieviel Zeit verwenden Sie für Ihre Fortbildung? Ich wende einen Großteil meiner Zeit für meine Weiterbildung auf. Das Lernen hört nie auf, und es ist einfach sehr wichtig, die Entwicklungen in meinem Fach mitzuverfolgen.Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben? Man soll auf sich selber hören, die eigene Persönlichkeit ausbilden, Autoritäten nicht überbewerten, das Vertrauen in die eigene Meinung stärken und Durchhaltevermögen entwickeln. Ebenfalls ist es wichtig, Fehler zuzulassen und aus ihnen zu lernen, Schwierigkeiten als Chance und Herausforderung zu sehen und den Respekt vor den Menschen zu bewahren.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Ich möchte lebenslang arbeiten und irgendwann einmal etwas Zeit für die Hobbies und jene Dinge haben, die ich lange nicht tun konnte. Es gibt so viel Interessantes zu tun.