Zum Erfolg von Josef Kassler
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
Persönlicher Erfolg tritt für mich ein, wenn ich eine Aufgabe gut gelöst habe und ich ein Vorhaben realisieren konnte. Wesentlich ist für mich dabei nicht so sehr der finanzielle Aspekt, sondern die Menschlichkeit. Erfolg darf nicht zu Lasten Dritter eintreten, sondern muß redlich und ehrlich verdient sein.
Sehen Sie sich als erfolgreich?
Im Sinne meiner Definition sehe ich mich als erfolgreich. Es gibt sicher Menschen mit den selben Veranlagungen, die jedoch diese Funktion nicht erreicht haben.Was war ausschlaggebend für Ihren Erfolg? „Ich bin kein Rennpferd, sondern ein Ackergaul“. Dieser Ausspruch trifft auf mich zu. Ich zeichne mich durch Beharrlichkeit und Zähigkeit aus, war immer zielorientiert und ließ mich auch von gelegentlichen Rückschlägen nie entmutigen. Weiters spielte auch Glück eine Rolle – auch hier kann ich auf ein Sprichwort verweisen: „Ein Drittel Sein, Ein Drittel Schein und ein Drittel Schwein“ – und zwar im Sinne von „haben“, nicht „sein“. Mit Schein ist in diesem Zusammenhang der Bluff gemeint, der durchaus manchmal vonnöten sein kann, wenn man erfolgreich werden möchte.
Ab wann empfanden Sie sich als erfolgreich?
Ich fühlte mich spätestens 1995 erfolgreich, als ich Generaldirektor wurde.
In welcher Situation haben Sie erfolgreich entschieden?
Ich betrachte meinen Erfolg als Ergebnis zahlreicher positiver Einzelentscheidungen, von denen ich nicht eine einzelne als besonders erfolgreich herausstreichen kann. Eine sehr vernünftige Entscheidung bestand 1975 darin, der „Heimsuchung“ zu widerstehen und nicht in die Politik zu gehen, obwohl ich dahingehend ein Angebot bekommen hatte. Dieser Entschluß war mit Sicherheit ein Grundstein für meinen heutigen Erfolg.Ist Originalität oder Imitation besser um erfolgreich zu sein? Originalität ist der bessere Weg. Ich glaube, daß man schauspielerisches Talent haben muß, um ein guter Imitator zu sein, ich selbst würde dabei scheitern. Ich könnte niemals bewußt anders sein, als ich eben bin.
Welche Anerkennung haben Sie erfahren?
Ich möchte meine Ehrungen nicht geringschätzen, betrachte ich sie aber ein wenig als „Alterserscheinung“. Anerkennung bedeutet für mich, 1995 Vorstandsvorsitzender und später Präsident des österreichischen Sparkassenverbandes geworden zu sein, obwohl ich für diese Funktionen im Prinzip schon sehr alt bin. Ich fühle mich nicht zuletzt anerkannt, wenn sich Mitarbeiter mit verschiedensten Problemen vertrauensvoll an mich wenden. Ich halte es mit der Anerkennung grundsätzlich wie mit Geburtstagswünschen: An Geburtstagen wird bekanntlich fest gelogen, der Geehrte weiß das und freut sich trotzdem.
Wie werden Sie von Ihrem Umfeld gesehen?
Man hat mich einmal als „menschliches Antlitz des Vorstandes“ bezeichnet, worüber ich mich sehr freue.
Welche Rolle spielen die Mitarbeiter bei Ihrem Erfolg?
Ich denke, daß ich auf meine Mitarbeiter angewiesen bin und glaube, in meinem engen Mitarbeiterkreis von sehr loyalen Menschen umgeben zu sein, auf die ich mich auch bei meiner Abwesenheit verlassen kann.
Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiter?
Ich weiß es nicht – vielleicht motiviere ich durch meine Persönlichkeit. Ich teile nicht ganz die Meinung, daß Geld kein Motivationsfaktor sei und versuche, durch meine Art ein gutes Vorbild und ein guter Vorgesetzter zu sein.
Wie vereinbaren Sie Beruf und Privatleben?
Ich versuche, den Spagat zwischen den beiden Bereichen zu schaffen, was nicht immer leicht ist. Ich habe eine sehr verständnisvolle Partnerin, die mir immer zur Seite stand. Grundsätzlich versuche ich, Wochenenden frei zu halten und nicht jeden Abend berufliche Termine wahrnehmen zu müssen. Ich versuche, meine Frau in geschäftliche Anlässe und Reisetätigkeiten einzubinden und schätze mich grundsätzlich glücklich, ein weitgehend harmonisches Privatleben zu führen.Wieviel Zeit verwenden Sie für Ihre Fortbildung? Es fällt mir schwer, die Grenze zwischen normaler Arbeit und Fortbildung zu ziehen, weil ich mich permanent mit der Materie beschäftige. Der Besuch von Seminaren und Kursen spielt für mich heute keine besonders große Rolle mehr.Welchen Rat möchten Sie an die nächste Generation weitergeben? Seriosität, Ehrlichkeit und Engagement machen sich langfristig immer bezahlt.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt?
Ich habe keine beruflichen Ziele mehr, weil ich mit meiner Funktion am Plafond angelangt bin. Ich möchte in der Pension wieder studieren, mich meinen Interessen widmen, reisen und mich mit meinen Enkelkindern beschäftigen sowie mich intensiv meiner Partnerschaft zuwenden.